Samstag, 1. Mai 2021

 

 




Reminiszenzen aus meinen Potsdamer Jahren


Der Alte und sein Hund

 

Ecoute, mon ami“, sagt der König zu seinem Lieblingshund, auf dem Rasenplatz vor Sanssouci, dort, wo die Weinterrassen in das freundlich-sanfte Tal hinabfallen, „hier lassen wir ihn begraben, wenn seine Zeit gekommen ist, parole d’ honneur, in unserer unmittelbaren Nähe. Dann fällt unser Blick auf ihn, wenn wir im Schloss Flöte spielen oder mit Voltaire diskurrieren." Der Hund knurrt leise. Der König nimmt es für Zustimmung. Dann verfallen beide in Schweigen. 


Schwer und stockend fallen die nächsten Sätze: “Mon Dieu, manchmal meine ich, Er sei das einzige Wesen, das mir anhängt. Bien, auch Katte war mir zugetan, damals in Rheinsberg, aber freilich ... weit zurück, ich erinnere mich kaum. La vie est courte et la mort est longue ... kurios, kurios..“ Seine Hand, faltig und grau, übersät mit Altersflecken, eher die Tatze eines Fossils, tätschelt dem Windspiel über den flachen Kopf. Es schaut nach oben und leckt dann die Hand des Herrn. Was bleibt ihm übrig? Es ist die Hand, die ihn nährt, liebkost oder straft – alles zu seiner Zeit. 


Der Hund könnte nun erwidern: „Einmal im Schatten des Großen zu ruhen, ist eine überaus süße und ehrenvolle Vorstellung. Wie kann ich Euch danken für diese Güte, Sire?“ Aber er zieht es vor zu schweigen. Das hält er für entschieden philosophischer. Außerdem kann er kein Französisch. Aber der König liebt es nicht, in der Sprache adressiert zu werden, derer er sich selbst nur unbeholfen und daher äußerst selten bedient.



Foto Pixabay, BenBe


sjgruner/missword.de/1.5.21

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