Sonntag, 16. Februar 2014

Sonntagsthema: Zappeln Alleinlebende in der Kostenfalle?



16 Mio. leben in einem 1-Personen-Haushalt – allein in Deutschland. Aus den unterschiedlichsten Beweggründen und Lebensrealitäten heraus. Allein heißt ja nicht einsam, keineswegs. Allerdings könnten sich 90 Prozent aller Singles vorstellen, dass sie für einen neuen Partner ihr Leben ändern würden (sagt eine Partnerbörse, aber das könnte auch deren Wunschdenken sein :-). Ob das sinnvoll ist, steht dahin. Und es kommt natürlich auf das Ausmaß an, wie bei allem. Was ist das Maß aller Dinge für ein gutes Single-Leben?

Abseits von allen soziologischen und emotionalen Aspekten lohnt es sich einmal, die wirtschaftliche Situation von Singles mit kritischen Augen zu betrachten. Denn das gern kolportierte Vorurteil vom Single, der auf dem Ego-Trip alle anderen zur Seite stößt, nichts zur Erfüllung des Generationenvertrags beiträgt und sich ganz hedonistisch wie ein altrömischer Genussmensch nur den lustvollen Seiten des Lebens zuwendet, hält keiner Prüfung stand. Richtig ist, dass Singles üblicherweise mehr abgezockt werden als Nicht-Singles – sei es im Supermarkt, im Hotel, bei Versicherungstarifen und Energiekosten, von den Steuerbehörden.

Wohnen muss jeder – aber kann es sich jeder leisten?

Sowohl aus wirtschaftlicher als aus sozialer Sicht ist ein Single-Haushalt ein Unding. Je kleiner eine Wohnung, desto höher in der Regel der Quadratmeterpreis – ob bei Miete oder Eigentum. Ob man in einer 60-qm-Meter-Wohnung allein oder zu zweit lebt, ändert nichts am Mietpreis, aber die Grundpreise und anfallenden Kosten für Strom, Wasser und Heizung muss im Fall Single ein einzelner Bewohner tragen. Ebenso die Wohnungseinrichtung und den Unterhalt, und wenn der Kühlschrank den Dienst verweigert oder die Waschmaschine leckt, muss er allein dafür aufkommen.

Dass die Wohngemeinschaft – quer durch fast alle Altersstufen – wieder Aufwind erlebt und die Eltern-Kind-WGs ebenso - wobei mit "Kind" 18-35-jährige Nesthocker gemeint sind – ist kein Wunder. Der demoskopische Faktor zwingt Städteplaner über innovative Alternativen nachzudenken.

Nach deutschem Sozialrecht hat ein arbeitsloser Single Anrecht auf 45 mit staatlichen Mitteln getragenen Wohnquadratmeter. In New Yorks Trendvierteln ist bereits ein gerade noch erschwingliches 25-qm-Apartment ein rechter Luxus.

Wo hat ein Single die besten Chancen auf ein gutes Single-Leben?

Gerade für Alleinlebende bieten sich ländliche Regionen als Wohnstandort nicht an, denn dort regiert die Klein-Familie. Tendenziell zieht es den jüngeren Single in umtriebige Städte und dort in angesagte stadtnahe Quartiere und Trendviertel, wo die bezahlbaren Wohnungen umkämpft sind, ein weiterer kostentreibender Faktor. Deutsche Single-Hauptstädte sind Berlin, Hamburg und – Regensburg. Dort lassen sich die meisten Singles pro Einwohner nieder. Offenbar hat die niederbayerische Metropole nicht nur historische Schönheit vorzuweisen, sondern auch adäquate und bezahlbare Wohn- und Lebensbedingungen.

Es lohnt sich also über Standortalternativen nachzudenken, die attraktiv sind durch die Nähe zu Großstädten, Nachbarländern oder landschaftlich reizvollen Regionen, aber klein genug, um überschaubar und kostengünstig zu bleiben. Die zufriedensten Bürger Deutschlands sollen in Osnabrück leben (die unzufriedensten in Dessau), die glücklichsten Europas in Dänemark. Beide sind nicht großformatig, nicht bedeutungsschwanger und nicht umzingelt von einem Schwarm von Honigbienen (Trendpeople, Kultfiguren, Imageberufen oder auch nur „Mitläufern“). Der ZEIT-Beobachter hält die schlichte Durchschnittlichkeit, die ihm dort begegnete, und die völlige Imageferne für das Erfolgsrezept Osnabrücks. Die Stadt ruhe in sich selbst! http://www.zeit.de/2003/20/osnabrueck Das bringt ins Grübeln J

Was nützt ein Glamour-Standort, an dem ich mir nur ein Apartment in den Outskirts leisten kann, wo ich mich immer nur „am Rande“ fühle und die Glitzer-Innenstadt mit all ihren Versuchungen nicht nur aus Gründen der Entfernung weit weg ist?

Ist es nicht gescheiter, einen Lebensstandort zu haben, an dem man sich wohl fühlt, eine Wohnung, die nicht beengt und in die Freunde sich gerne flüchten, wenn sie der Regen überrascht? In der die Katze keine Anstalten macht, nach nächtlichen Streifzügen aushäusig zu bleiben und in der man den Briefträger vor Weihnachten auch mal auf eine Tasse Tee reinbittet? Das soziale Rundherum macht es doch aus, dieses kaum beschreibbare Feeling einer zufrieden machenden Geborgenheit, aus der man immer mal wieder kleine Fluchten unternimmt dorthin, wo das Leben tobt. Ständig wäre das vielleicht eh zu anstrengend.

Singles – seid gescheit!


Zu diesem vielfacettigen Thema bald mehr! 

Donnerstag, 13. Februar 2014

1a-Grenadas: Be my Valentine!

1a-Grenadas: Be my Valentine!: Nicht nur am Valentinstag, aber gerade dann haben die süßen Sünden der französischen Patisserie ihren großen Auftritt: Macarons, Madeleines,...

Be my Valentine!

Nicht nur am Valentinstag, aber gerade dann haben die süßen Sünden der französischen Patisserie ihren großen Auftritt: Macarons, Madeleines, Profiteroles .. Macarons sind das ideale Gebäck für Verliebte, mit einem Bissen in den Mund, lange Wohlgefühl auf der Zunge, passend zu prickelndem Schampus oder dem Espresso danach. Auch ein alter Barolo wurde bereits in ihrer Gesellschaft gesichtet - Macarons sind es wert, dass man der Versuchung nachgibt. Leicht wie ein Flaum, zart wie ein Kuss, köstlich wie die Liebe (meist ist). Also noch rasch zum Patissier ... Morgen kommt der "kopflose Heilige". Dass an seinem Gedenktag so mancher den Kopf verliert, ist verbürgt.

Hier kann man schon mal vorkosten: http://www.kochform.de/Macarons.htm


Mittwoch, 12. Februar 2014

Mittwochssuppe: Kohlrabicreme mit Pesto

Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe.

Die Februar-Auswahl an winterlichen Gemüsen macht uns wählerisch, wem sollen wir den Vorzug geben - Sellerieknollen, roten Beten, Rosenkohl, Süßkartoffel oder Fenchel? Viel zu nachlässig behandelt wird der Kohlrabi. Dabei ist er ein sehr verlässlicher Bursche - gut für Rohkost, Gemüse, Gratin oder Suppe! Nur frische Kohlrabi mit nach Hause nehmen und rasch verwerten, dann überzeugt er auch mit frisch prickelndem Aroma und zartem Biss. Die jüngsten Blätter unbedingt mit verwenden. Der lindgrüne Kohlrabi paart sich gerne mit anderen Grünschattierungen wie Spinat, Mangold, Minze oder Zuckerschote.

Diese einfache, schmackhafte Suppe ist köstlich als Abendimbiss mit frischen Landbrot, belegt mit Ziegenquark und Kresse. Wem das zu vegetarisch ist, der schmuggelt hauchdünnes Bündner Fleisch dazu.

Kohlrabicreme mit Zuckerschoten-Pesto

Wir brauchen: 

Suppe: 1 große Gemüsezwiebel, 2 Kohlrabi, 20 g Butter, 100 ml trockenen Wermut, 500 ml Milch (alternativ: dünne Kokosmilch oder Sojamilch), 200 ml Wasser, 200 ml Schlagsahne (alternativ: Sojasahne). Geröstete Pinienkerne und Estragonblättchen als Deko.

Pesto: 100 g Zuckerschoten, 5 EL Olivenöl, Salz, Pfeffer

Mengenangaben - wie immer - wandelbar!

So geht's:

1. Zwiebel in feinen Streifen in der Butter glasig andünsten. Kohlrabi in Scheiben (mit zartem Grün) weitere 2-3 Minuten mitdünsten.

2. Salz, Prise Zucker dazu. Mit dem Wermut ablöschen und einköcheln. Milch und 200 ml Wasser einrühren und 20 Minuten köcheln lassen. Sahne zufügen, kurz aufkochen. Suppe pürieren und durch ein Sieb sreichen. Salzen. Pfeffern.

4. Zuckerschoten 2 Minuten blanchieren, abschrecken, abtropfen lassen, in feine Querstreifen schneiden. Eine Hälfte mit dem Öl fein zu Pesto pürieren, abschmecken.

5. Die andere Hälfte in eine vorgewärmte Terrine füllen, Pesto zufügen, mit der erwärmten Suppe auffüllen, mit ein paar Tropfen Öl beträufeln. Mit Pinienkernen und kleinen Estragonblättchen (alternativ Petersilie) bestreuen.

Ein Magenschmeichler und Vitamin- & Mineralienspender mit Klasse!


Basisrezept: "Essen & Trinken Spezial" 3/2011

Sonntag, 9. Februar 2014

Sonntagsthema: Glücklich scheitern



Scheitern treibt an. Das setzt voraus, meinen eigenen Anteil daran zu sehen, die tieferen Gründe als nur die falsche Kalkulation eines Großauftrags oder Fehlspekulation an der Börse. Und mich fragen: "Wofür ist dieses Scheitern gut? Was kann ich aus diesem Scheitern machen?" - Die Redakteure des ZEIT MAGAZINs* rieten uns Ende Dezember 2013, Scheitern als existenziell notwendiges Stimulans freudig anzunehmen. Gesellschaften benötigten Scheitern wie eine natürliche Auslese, Flubereinigung, Motorisierung. Institutionen, die gar nicht mehr scheitern könnten, bedrohten das ganze System (vgl. Bankenkrise). Karl Marx, Vincent van Gogh, Kafka und viele viele andere berühmte Namen stellten sich einem lebenslang währenden Scheitern, weil sie ihr eigenes Ziel verfolgten. Und erkannten sich dabei Stück für Stück selbst. Wenn das am Ende des Tages kein Erfolg ist! - Aber hallo!

Aber Scheitern und Versagen sind keine beliebten Themen. 

Pfui-Wörter. Promis dürfen scheitern, wegen Steuerhinterziehung, Drogen, Ehebruch, Plagiaten .. da spielt auch eine Prise Häme mit. Im wirklichen Leben dagegen wollen wir Erfolgreiche sehen. 

Wir ignorieren, dass Leben fortwährendes Scheitern ist, und danach (in der Regel) wieder Aufstehen und Weitermachen. Die Möglichkeiten zu scheitern sind vielfältig und dynamisch steigerungsfähig: Das beginnt, wenn der Morgenbus vor den Augen davon fährt, die Weihnachtsgans verkohlt und die Schwiegermutter feixt, im Büro der Kollege den vermeintlich sicheren Posten wegschnappt, der Großauftrag zusammenbricht, und ist noch lange nicht zu Ende, wenn eine Liebe stirbt, eine Ehe sich auflöst, "Miss oder Mr. Right" lebenslang nie auftaucht, der Kampf gegen die Krankheit verloren scheint, die Existenz wie Sand unter den Füßen zerbröselt, weil Arbeitslosigkeit, Pleite drohen oder geliebte Menschen sterben, wenn Lebensträume platzen.  - Wenn man sich selbst nicht mehr im Spiegel ansehen mag?

Sind Krisen wirklich Chancen? Aus Fehlern lernen? 

Beim Scheitern ist das diffiziler, in einer hochkomplexen Welt, in dem selbst in einer einfachen Existenzfrage alles mit allem zusammenhängt, sind Fehler und deren hintergründiger und unterbewusster Sprengstoff nicht so schnell aufzuspüren. Schuldzuweisungen bringen nicht weiter, sie lassen Gescheiterte eher in einer fast aussichtslosen emotionalen Verstrickung zurück. Ohne dass sie aufarbeiten was warum passierte, was ihr eigener Anteil daran war. Ohne den Schmerz zuzulassen und die Verhältnisse zu betrauern. 

Erwiesen ist offenbar, dass gescheiterte Firmenchefs es in neuen Konstellationen nicht wirklich besser machen (besser im Sinne von erfolgreicher) und in die gleichen Haltungen zurückfallen, die ihnen einst bereits kein Glück brachten. Weil sie die wirklich virulenten kausalen Zusammenhänge hinter dem Vordergründigen nicht kennen. 

Wer ist glücklich ? 

Ich behaupte: Wer die Ziele erreicht, die er sich von ganzen Herzen gestellt hat. Die seinem Selbstwert entsprechen. Wie "Hans im Glück" am Ende des Tages mit leeren Händen, aber trunken vor Glück, zu den Seinen zurückfindet, nachdem er morgens mit einem Goldklumpen von seinem Meister aufgebrochen war, so wichtig ist es für uns, die wir außerhalb von Märchen leben, den Sinngehalt und emotionalen Wert unserer eigenen Ziele zu kennen. Warum schreibe ich? - Weil ich beim Schreiben ich selbst sein kann.

Selbstreflexion ist angesagt - dann klappt's auch mit dem glücklich Scheitern.

*mehr dazu: ZEIT MAGAZIN, 27.12.2013, "Schluss mit dem Scheitern!"Christoph Kucklick, Sabine Rückert

Samstag, 8. Februar 2014

Der Zar ließ bitten

Ja mei, was für ein buntes Spektakel - farbenfroh wäre der falsche Ausdruck. Was hat man hier alles an Kitsch zusammengesammelt zu Ehren der Olympischen Spiele. Patriotismus, Historizismus, Komsomolzen, Pathos und Klamaukiges, Ungelenkes und Martialisches, markige Aufmärsche, Menschen, die wie Marionetten in der Luft hängen, rührend unpassende Ballettanklänge, viel Knall und Dampf, gewöhnungsbedürftige Szenen. 

Und knallbunt wie Karnevalisten das deutsche Team. Es flimmert vor den Augen, will man damit Schneehasen und russische Bären von Piste oder Eiskanal verscheuchen? Gummibärchen, meint SPIEGEL Online im Kommentar. Die Untertitel in der Fotostrecke zur Eröffnungsfeier weisen auf eine irritierte Hilflosigkeit des beauftragten Redakteurs hin, dem zu all dem tosenden Farbenflimmern schlechterdings nix Vernünftiges einfällt, zumal ihm die Dorf-Disco-Untermalung die Ohren verschleimen dürfte. Untertitel-Beispiel: "Ein Feuerwerk zum Abschluss durfte natürlich auch nicht fehlen!" Das ist der Stil von Lokalredaktion-Aushilfsreportern (wie Lehrern und Pastoren). (Oh, ja das ist böse, ich weiß! Muss aber auch mal sein!) 

Man darf also so allerlei Krudes und Seltsames erwarten - von den Regisseuren dieser Frösteln machenden Spiele im subtropischen Sotschi. Schulkinder in der Region wurden befragt, wo denn die Ursprünge der O-Spiele lägen, sie meinten - in Sotschi. Aber sicher!

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/olympische-winterspiele-die-inszenierung-der-eroeffnungsfeier-a-952178.html

Mittwoch, 5. Februar 2014

1a-Grenadas: Die Mittwochssuppe: Kaviarlinsen-Topinambur türkis...

Die Mittwochssuppe: Kaviarlinsen-Topinambur türkisch/provenzalisch

Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe!

Mit einem kleinen Abstecher in die Türkei, auch die Provence schmeckt mit hinein. Formidabel bei feucht-windigem Wetter. Eher ein Eintopf als eine Suppe, je nachdem wie viel Fond man verwendet. Beluga- oder Kaviar-Linsen gehören mit zu den feinsten, zierlich, grau-schwarz, apart, gut verträglich mit einem Schuss Balsamico. Zu ihnen gesellt sich eine Wurzel, die wir eher selten in unseren Suppentellern schwimmen sehen: Topinambur, die "Erdartischocke", ähnelt äußerlich der Ingwerwurzel und zeigt sich vielfarbig - von hellbeige über rötlich bis braun - in den Marktkiepen. Roh im Salat ist sie äußerst raffiniert, gekocht süßlich-nussig-erdig. Die Schale ist essbar.

Was benötigen wir?

100 g französische Beluga-Linsen (Bio), 100 g rote (türkische) Linsen, 2 Zwiebeln, 2-3 Möhren, 1/2 kleine Sellerieknolle, 300 g Topinambur, 30 g Butter, 1 l Gemüsebrühe. Gewürze: Steinsalz, Curry, Pfeffer, Spur Cayenne, frische Minzblätter oder alternativ Spur Lavendel (getrocknet oder als Lavendelölessenz), Selleriegrün (ganz junge Blätter), Weißwein.

Und so geht's:

1 Beluga-Linsen in köchelndem Wasser 20 Minuten bissfest garen, erst am Ende salzen, abschrecken, abtropfen. Rote Linsen extra (zerfallen schnell!) und nur 8 Minuten. Gleiches Prozedere.

2 Butter zerlassen (alternativ: Kokosöl!), Zwiebelwürfel anschwitzen, fein gewürfelte Möhren, Sellerie, Topinambur 3-4 Minuten darin dünsten, salzen, pfeffern, 1-2 TL Curry einrühren, mit dem Fond auffüllen. Ggfs. 0,1 L südfranzösischen Weißwein. 25 Minuten moderat köcheln.

3 Rote Linsen 2 Minuten darin mitgaren. Ein Drittel herausnehmen und pürieren, dann mit dem Püree den Eintopf binden.

4 Eintopf erhitzen, Beluga-Linsen unterheben, abschmecken. In gewärmte Teller füllen, mit Minz- und Sellerieblättchen bestreuen (türkisch) oder getrockneten Lavendel (französische Note). Dazu französisches Wurzelbrot (mit Oliven) und zum Parfümieren extra ein Schälchen mit feinstem Essig (Balsamico oder Pedro-Ximénez, der auf Sherry basiert). Der kleine Tipp Essig gibt die Bekömmlichkeit!

Einfach, vegetarisch, köstlich wärmend.


Basisrezept: "Essen & Trinken" 11/2012


Sonntag, 2. Februar 2014

Sonntagsthema: Was bist'n du für 'ne Marke??

Manche nennen es Image. Aber eine Marke ist mehr als das - eine Haltung zu sich selbst. 

In einer Zeit, in der das Internet eine zunehmende Gleichschaltung fördert, ist es umso wichtiger, Flagge zu zeigen, Profil, Chuzpe, Charisma - kurz: eine Marke zu werden.

Es gibt sie noch, die Marken-Familienunternehmen mit den berühmten Namen, in denen Gründer-Söhne, -Töchter oder -Enkel - manchmal nach anfänglichem Zögern - die Unternehmens- und Familientradition  fortführen. Familiennamen im Unternehmensclaim bergen einen Vertrauensbonus. Kunden wittern Verlässlichkeit und Verantwortungsgefühl - das stimmt milde und freigebig.

Das Image inhabergeführter Unternehmen und Inhabermarken wie Porsche, Hipp oder Fielmann korreliert eng mit der gesellschaftlichen und sozialen Performance der Inhaber. Pro oder Contra, Geschäftserfolg oder Reputationsbeschädigung hängen davon ab. Inhaber sind also das Fleisch, aus dem die Marke wächst und daher gut beraten, die eigenen Wertvorstellungen und Sinn-Begriffe in die Markenführung einzubringen (soweit vorhanden :-)) Der eigene Markenwert wird zum Indikator für wirtschaftliche Dimension.
Die Wirtschaftswoche bringt es auf den Punkt: "Der Unternehmer ist die Marke", nicht das Produkt.* 

Was macht einen erfolgreichen Inhaber aus?


Der "schiere Drang nach Größe" ist es offenbar nicht, den wirklich erfolgreiche Unternehmer verspüren. DM-Chef Götz Werner etwa will nach eigenem Bekunden "die Gesellschaft verändern, die Welt ein stückweit beeinflussen". Hier scheint als Unterfütterung eine anthroposophische Weltanschauung auf, hier regieren humanistische Ziele, respektvolle Menschenführung. Hier werden  Freiräume geschaffen für Mitarbeiter und Kunden (und wenn es nur die großzügig bemessenen breiten Ladengänge sind, in denen sich Kauflustige zwischen den maßvoll gefüllten Regalen nicht bedrängt und abgezockt, sondern wohl fühlen). Was sie entsprechend honorieren.  


Jeder ist eine Marke


Besser: Jeder kann zur Marke werden. Gerade Freiberufler und Einzelunternehmen müssen ihrem Unternehmen eine persönliche Note geben. Sie sind ihr Business ohne Wenn und Aber, sie prägen das Branding. Mit allen Ecken und Kanten und brillanten Facetten. Angepasstheit aus mangelndem Mut, Sich-Weg-Ducken und Angst auch mal anzuecken helfen hier nicht weiter. Zu einer Marke gehört: sich zeigen und klar sichtbar machen, offensiv sein, ohne zu verletzen, klar Position beziehen, die Dinge beim Namen nennen, Haltung bewahren, auch mal sich allein und abgehoben fühlen. Nur Mut!

Eine achtsame Außenrepräsentation hat zwar relativ wenig mit Werbung zu tun, doch Werbe-Slogans können ganz schön verräterisch sein. Was gefällt Ihnen besser: "Geiz ist geil" oder "Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein"? Keine Frage: Der erste peilt die niederen Triebe an, die mehr oder weniger in uns schlummern und bedeutet schlichtweg: Profitgier. Er sagt: "Kauf endlich, du Trottel!". Der zweite sieht im Kunden den Mitmenschen, der mit Respekt und Verständnis behandelt werden will. Seine Aussage: "Wir sitzen beide in einem Boot. Lass es uns gemeinsam rudern." 

Bei wem geben Sie lieber Ihr redlich verdientes Geld aus?


Meiner bescheidenen Meinung lebt es sich leichter, wenn man bei den Richtigen gut ankommt anstatt bei keinem richtig. Daher besser regelmäßig die Position und die Visability auf dem Markt überprüfen - am wirksamsten funktioniert's gemeinsam mit einem Strategieberater - und checken, ob Sie sich mit ihnen noch wohl fühlen. Das kann unaufwändig, unaufgeregt und unkompliziert von sich gehen. Und tatsächlich auch viel Spaß machen, wenn Sie wie ein Goldgräber im Tiefen schürfen und kleine Goldfunken Ihnen entgegenstrahlen.

Im Vorfeld der Positionierungsberatung erhalten Sie gezielt auf Sie abgestimmte Fragen, im Meeting werden diese gemeinsam ergründet, beantwortet und geklärt, ausgebaut und erweitert, im Nachgang gibt's ein Dossier mit Ergebnissen und Vorschlägen (für das Corporate Wording, für Eigen-PR, Kommunikationsmaßnahmen und Zielgruppenansprache). 

Gemeinsam geht's leichter - denn schließlich rühren wir alle in der eigenen Suppe, die man sich auszulöffeln nicht traut. Ein externer Blick hat wohlwollend-kritische Distanz und die Traute auch mal "heiße Eisen" anzufassen, Knackpunkte anzupieksen und die Dinge beim Namen zu nennen. Alles, was sich in schöner Gewohnheit bereits eingeschliffen hat, wird hinterfragt und nach Notwendigkeit aufgebrochen. 

Eine Häutung der ganz besonderen Art! Seien Sie neugierig und gespannt - aber auch mutig, denn es kann passieren, dass Sie sich hinterher nicht mehr wieder erkennen:-)



http://www.wiwo.de/unternehmen/handel/best-brands-awards-goetz-werner-ist-die-beste-unternehmermarke/7740346.html

Fotonachweis:
Brodie Vissers, M017UTM4CH  Stocksnap.io 
Sophie Schollmann, O5BH5U9KJ8 Stocksnap.io



Missword! - das alter ego von Sigrid Jo Gruner - Foto Thinkstock


Sigrid Jo Gruner  unterstützt als "MissWord! (www.missword.de) Redaktionsbüro für strategische Kommunikation" Unternehmen und Selbstständige bei ihrer Positionierung und Unternehmenskommunikation. Schwerpunkte: Strategische Beratung, Konzeption & Redaktion, PR- & Magazintext, Web-Content, E-Book & Corporate Book. Und 24-jährige Erfahrung.

Schwerpunktthemen: Alles was gut schmeckt, schön aussieht, sinnvoll ist & glücklich macht. Gesellschaftspolitische und Zeitthemen, komplexes B2B, Food, Travel, LifeBalance, Branding, Persönlichkeitsentwicklung.



Samstag, 1. Februar 2014

Aufgespießt: Was ist eigentlich ein guter Text?


Ein guter Text ist wie ein alter Barolo - er hat Nachhall und Abgang

Das kennen wir alle. Wenn man ein Buch nicht aus der Hand legen können, obwohl es Zeit zur Nachtruhe wäre, wenn man sich nach dem Lesen eines Artikels im Innern berührt fühlt, wenn man sich noch lange danach an das Gefühl erinnert, das einen überfiel, an Einzelheiten und Details, wenn man (vielleicht auch erst später) feststellt, dass der Text zum Handeln motiviert hat, wenn ein feiner Geschmack auf der Zunge zurück bleibt und eine Emotion im Innern – ein guter Text ist ein Text, der verändert.

Jetzt wäre es mal an der Zeit, ein paar schlaue Worte berühmter Geister zu zitieren - aber keine Panik, ich werde mich kurz fassen -  Dabei fällt mir ein:  So stand es vor vielen Jahrzehnten in den postgelben Telefonzellen, als diese genau wie die Telefonanschlüsse noch rar waren und die Menschen vor allem abends Schlange standen, um ihre Lieben anzurufen: "Fasse dich kurz!" Ein Slogan, der den Wandel der Zeit aufs Schönste dokumentiert, denn heute würde er der Telekom nicht im Traum einfallen - und auf allen Ebenen und Medienplattformen, vor allem den sozialen, wird geschwafelt was das Zeug hält. Aber die quietschgelben Telefonzellen sind beinahe ausgerottet.


Goethe passt immer - irgendwie: „Schreiben ist geschäftiger Müßiggang!“
Oder hat Wilhelm Busch Recht? „Oft ist das Denken schwer, indes, das Schreiben geht auch ohne es!“
Halten wir es mit Thomas Mann: "Wir finden in den Büchern allemal nur zu uns selbst."