MissWord! Blog zu Themen aus dem prallen Leben. Hier treffen sich Lebenskünstler, Genießer, Wortliebhaber und Freigeister, Philanthropen, Nicht-Gutmenschen, Querdenker, Verschwörer. Kurz: Originale & Individualisten wie Sie!
Mittwoch, 29. Juli 2015
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1a-Grenadas - auf www.missword.de: Mittwochssuppe: Gurkensuppe Singapur - höllisch si...: Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe! Schmorgurken sind anpassungsfähige Wesen. Allerdings man muss sie geschmacklich aufpeppen -...
Mittwochssuppe: Gurkensuppe Singapur - höllisch sinnlich!
Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe!
Gurken sind anpassungsfähige Wesen. Allerdings man muss sie geschmacklich aufpeppen - sonst kann die krumme Grüne in etwas Fades, Wässriges ausarten. Diese Suppe ist ein Hofknicks vor Kreuzkümmel, Kurkuma und Kardamom. Das unübertreffliche Aroma erzielen geröstete Gewürzsamen. Wenn Kokosmilch und Limette ihre Flavours dazugeben und frischer Koriander seinen Charme entfaltet, verwandelt sich die heimische Küche plötzlich in einen Hawker*, eines der typischen Straßenrestaurants im Kulinarik-Hotspot Singapur. Einfach, würzig-köstlich, schnell, höllisch anregend.
Der kleine Haken: Sie brauchen eine Menge unterschiedlicher Gewürzaromen. Und diese sollten frisch sein! Dafür werden Sie mit einem unvergleichlichen Geschmackserlebnis belohnt, in dem sich alle Gewürze zu einer neuen Komposition vereinigen. Ein Mörser sollte zur Hand sein und für eine sämigere Konsistenz einfach 2 EL duftenden Basmatireis hinein rühren.
Currygurkensuppe Singapur *
Wir benötigen:
150 g Schalotten, 2 Knoblauchzehen, 1000 g Schmorgurken (sehr frisch!), 150 g Kirschtomaten, 1 rote, 1 grüne Chillischote, 20 g frischen Ingwer, braunen Zucker, 200 ml Kokosmilch, 2 Tl Limettensaft, Koriander- und Dillgrün, 80 g Cashewkerne, 3 EL Öl. 150 g Seidentofu. Wasser oder Gemüsebrühe (Umfang nach Geschmack)
Für die betörende Würze: 1 Tl Kreuzkümmelsaat, 3 Tl Koriandersaat, 5 Kardamonkapseln, 1 EL schwarze Senfsaat, 2 Lorbeerblätter, 1 Zimtstange, 1 Tl Kurkuma, Steinsalz, Prise Nelkenpulver, frischen weißen Pfeffer
Alternative zur veganen Variante: in Öl sanft gebratene Garnelen darüber legen.
Und so geht's:
1 Kreuzkümmel und Koriandersaat ohne Fett dunkel bräunen, abkühlen, im Mörser fein zerreiben.
2 Gemüse vorbereiten: Schalotten, Knoblauch würfeln, Ingwer reiben, Chilischoten in Ringe schneiden. Kardamom andrücken. Gurken schälen, halbieren, Kerne entfernen, Enden abschneiden. In 5 cm lange Stifte schneiden.
3 Senfsaat in Öl glasig andünsten, Schalotten, Knoblauch, Ingwer, Chilis zufügen, glasig dünsten. Lorbeer, Kardamom, Zimtstange und Kirschtomaten mitdünsten. Prise Zucker, Kurkuma und den gerösteten Gewürzmix einrühren, mit Salz, Pfeffer abschmecken. Mit 400 ml Gemüsebrühe auffüllen. 5-6 Minuten köcheln lassen, Gurken, Seidentofu und Kokosmilch 8-10 Minuten im offenen Topf sanft mitschmoren. Gurken nicht zerkochen! Mit Limettensaft, Zucker, Nelke, Salz und Pfeffer abschmecken.
4 Die nicht-vegane Alternative: In Öl gebratene Garnelen in tiefe Teller legen, Suppen darübergießen.
5 Bei beiden Varianten zartes Koriander- und Dillgrün fein darüber streuen, mit gehackten Cashew- oder Erdnussstücken verfeinern.
Schmorgurken sind kleine Racker.
Kürzer, stabiler, wuzziger, praller als ihre schmalen, wässrigen Cousins, zieht ihr gelblich-grün-gemasertes Äußere die Blicke auf sich, und ihr festes Fleisch hat Biss und Geschmack. Ursprünglich kamen sie aus Indien, bei uns machen sie sich rar und zeigen sich nur im Sommer. Ihre lustigen Bitterstoffe regen die Verdauung an. Roh macht sie nix her, aber geschmort, gedünstet, gefüllt, überbacken umso mehr. Mit dem Eisschrank will sie nicht in Berührung kommt - brrh - und mit ihrem hohen Wassergehalt von 94% kommt sie mit sehr wenig Kalorien aus. Ein echtes Prachtstück.
Singapurs Fusion-Küche
Dass es ihr an einer eigenständigen Landesküche fehlt, ist kein Manko, ganz im Gegenteil. Singapurs Cuisine Fusion ist ein Spiegel der multikulturellen Einwohnerschaft. Sie verbindet traditionelle chinesische mit
der pikanten Schärfe malaysischer Gerichte in der Nonya-Küche, nascht in indischen,
vietnamesischen, koreanischen und philippinischen Töpfen und verschmäht weder
französische noch italienische Klassiker.
Singapurs Hawker sind kulinarisches Straßentheater. Ganz
Singapur ernährt sich bei den überdachten Nachfahren der
fliegenden Straßenhändler, die luxusfrei, aber peinlich sauber, weil streng
kontrolliert, für ein paar Singapur Dollar mit einer überraschend hohen
Qualität angenehm satt machen. In diesem gesellschaftlichen Schmelztiegel
treffen sich Wirtschaftskapitäne und Hafenarbeiter, Student und Professor in
gesättigtem Wohlbehagen. Das Takeaway ersetzt den heimischen Esstisch. Satay-Spieße, rattenscharfe Chili
Crabs, Laksa (Nationalspeise - Hühnersuppe mit Kokosmilch, Chili,
Reisnudeln, Gemüse, Herzmuscheln und Krabben), Wokgemüse, Fischcurries, Teigtaschen
und Rujaks (Salate) sind Selbstläufer ... täglich frisch und köstlich!
(mehr zu Singapurs Küche: www.kochform.de/magazin)
Foto: Fotolia.com #62228256 | - thegreenpics
Auf der Basis des Originalrezepts, das allerdings ein Gurkencurry ist: Essen & Trinken 8/2014
Auf der Basis des Originalrezepts, das allerdings ein Gurkencurry ist: Essen & Trinken 8/2014
Sonntag, 19. Juli 2015
1a-Grenadas - auf www.missword.de: Montags um 9: Das Matterhorn oder ..
1a-Grenadas - auf www.missword.de: Montags um 9: Das Matterhorn oder ..: .. wie ein Berg nicht aufhört zu rufen Es gibt 38 Viertausender rund um Zermatt, aber einer ist darunter, der schei...
Montags um 9: Das Matterhorn oder ..
.. wie ein Berg nicht
aufhört zu rufen
Es
gibt 38 Viertausender rund um Zermatt, aber einer ist darunter, der anscheinend willenlos macht. Er ist aber auch eine echte Granate! In diesem Sommer feiert das Schweizer Alpendorf ein rauschendes Jubiläum. Selbst die Queen ist geladen. Schließlich war
es einer ihrer Landsleute, der erstmals seine 4.478 Höhenmeter bezwang. Und Zermatt eine
glänzende Zukunft bescherte.
Eine kleine und willkürliche Matterhorn-Chronik
14.
Juli 1865: Der britische Bergsteiger Edward Whimpley steht mit seiner
Siebener-Seilschaft ganz oben. Dort wo er schon mehrmals hin wollte. Heute kam
er durch. Über den Hörnligrat an die Spitze des Matterhorns. Als erster, noch
vor der italienischen Konkurrenztruppe, die von der anderen Bergseite gegen die
Pyramide aus Kalkstein, Gletscher und Eis anrennt. Auf dem Abstieg reißt ein Seil, und
vier Briten stürzen zu Tode. Das unglückselige Stück Tau ist heute im Zermatter
Heimatmuseum zu begutachten.
In
jeder kurzen Zermatt-Saison brechen ca. 3.500 Menschen auf, um das fast
Unmögliche zu schaffen. Der Kletterrekord „rauf-runter“- liegt bei phänomenalen knapp zwei Stunden! Inklusive Bergführer muss man mit mindestens 1.500
Franken rechnen. Das ist es den Bergstürmern auch wert. Seit 1865 sind
allerdings auch 500 Menschen dem Berg zum Opfer gefallen. Der Rettungsdienst
Zermatt bricht pro Saison zwischen Mitte Juni und Mitte September circa 300 Mal
auf. Ob es das auch wert ist? Doch die Magie der Alpen und insbesondere dieses
unwiderstehlichen Kolosses ist auch nach 150 Jahren ungebrochen.
1950:
Ein italienischer Graf will eine Seilbahn zum Gipfel bauen lassen. 90.000
entrüstete Unterschriften verhindern es. Das Matterhorn wird „schützenswertes
Naturwunder“. Bleibt es bis heute.
1988:
Reinhold Messmer erklimmt das Matterhorn. Für die Bergsteigerlegende eine
leichte Übung. Was ihn aber schier aus dem Tritt bringt: Oben in der Wand
stößt er auf einen Kiosk, prall gefüllt mit Souvenirs, Kitsch und
Klatschpresse. Tobsuchtsanfall Messmers wegen der Verunglimpfung eines schier
heiligen Berges. Immerhin des meistfotografierten der Welt. Was er wenig später
erfährt: Es war eine Ulk-Aktion von „Verstehen Sie Spaß“ – Leider wissen wir
nicht, wie Messmer reagierte ;-) Aber immerhin kam er wieder heil zurück ins Tal.
2012: Die später zur Miss-Schweiz gekrönte Linda Fäh bleibt beim Miss-Quiz die Frage nach dem Matterhorn schuldig. Reuig bricht sie auf und besteigt den Berg medienträchtig mit zwei Bergführern und einem Kamerateam.
Zermatt 2015
Heute
drängeln sich Touristen aus aller Welt im ehemals abgeschiedenen Alpendorf, das zu einem High Class Label für Exklusivität wurde. Besonders der frühe Sonnenaufgang gehört zum Pflichtprogramm der Hobbyfotografen. Japaner und Chinesen
üben sich im Winter auf den beschneiten Matten – und sommers auf dem Gletscher
– im Schneepflug. In China rutschen mittlerweise 5-6 Millionen Skifahrer auf Brettern mehr oder weniger steile Anhöhen herunter. Und sie wollen alle in die Schweiz. Auch Herr Yianliung Li
kam, ist geblieben und wurde gar Skilehrer. Gewöhnte sich sogar ans Käsefondue. Gibt es einen schöneren Beweis, was eine Granitlegende bewirken kann? ;-)
Mittwoch, 15. Juli 2015
Mittwochssuppe: Sonnige Erbensuppe, giftgrün Erbsen, sattrotes Pesto, mit einem Kick Säure
Mittwochssuppe: Giftgrüne Erben, sattrotes Pesto + ein Spritzer Saures
Hülsenfrüchte
verbindet man eher mit winterlich-deftigen Eintöpfen. Dass die Aschenputttel-Gemüschen sich auch im Sommer
ganz willig in den Suppenteller schmiegen, sollte man kulinarisch nicht
unterschätzen. Denn jetzt kullern sie wieder – die frischen Erbsen in der
Zuckerschote, die sich gegen einen leichten Druck mit dem Fingernagel und mit
einem lustvollen Knacken öffnet. Leider braucht man eine Menge Schoten für
vergleichsweise wenige Erbsen – aber nicht nur die herrlich grün-giftige Farbe lohnt
die Mühe allemal.
Sonnige Erbsensuppe - Die Wandlungsfähige
Auf
Potage St. Germain hört die Erbsensuppe, wenn wir sie mit Butter, Knoblauch und Sahne
zubereiten. Mediterran gibt sie sich mit Olivenöl und selbst gemachtem roten
Pesto und/oder einem Schuss Balsamico. Deutsch mit kleinen Speckkrüstchen und
frischem Bohnenkraut. Griechisch mit Schafskäse und Minze. Sizilianisch mit Lorbeer und Zitrone.
Ausprobieren! Jede Variation braucht frische Kräuter (Minze, Thymian) zur
wahren Größe. Pfeffern kann man nach Belieben mit frischen weißen oder
schwarzen Körnern, mit Chiliringen oder einem Klacks Sambal (gemeinsam mit Zitronengras und Limette gibt sich die Potage dann eine exotische Ausstrahlung).
Wir benötigen:
Für die Suppe: 450 g frische junge
gepalte Erbsen (Gewicht geschält!), 2 fein gehackte Schalotten, 450 ml Wasser
oder leichte Gemüsebrühe, Meersalz, Pfeffer nach Belieben (s.o.), Butter oder
Olivenöl, Balsamico, Sahne oder roten Pesto oder Speckkrüstchen oder
Schafskäsewürfel (s.o.), frisches Bohnenkraut, Thymianblättchen und/oder
Minzblätter zur Deko
Für das Pesto: 100 g getrocknete, in Öl
eingelegte Tomaten, 100 ml bestes Olivenöl, Pfeffer, 1 EL Pinienkerne, 50 g
geraspelten Parmesan, Schuss Balsamico
Und
so funktioniert die mediterrane Variante:
1
Olivenöl erhitzen, Schalotten darin andünsten, Wasser und Erbsen zufügen, würzen,
Knoblauchzehe im Ganzen einlegen, alles aufkochen. Zurückschalten, Erbsen 12-15
Minuten weich köcheln. Knoblauch herausfischen.
2
Suppe fein pürieren, abschmecken. Schuss milden Balsamico für die
Bekömmlichkeit einrühren. Mit Kräutern bestreuen.
3
Pesto-Zutaten fein pürieren und abschmecken. Zur Suppe reichen.
Junge, besonders zarte Zuckererbsenschoten kann man übrigen kochen ohne sie vorher aus dem
Gehäuse zu pulen. Und dann mit Haut und Haar verzehren! Einfrieren lassen sich
frische Erbsen, wenn man sie blanchiert, also nur kurz in kochendem Wasser
gart, dann kalt abschreckt und eintütet.
Der unbestrittene Halbgott der Essige – Aceto Balsamico.
Er ist reine Handarbeit. Seine feine, samtige Säure holt er sich aus dem gekochten Most weißer Trauben aus der italienischen Region Emilia. Die Bio-Version kommt ausschließlich aus
Bio-Weinreben, verzichtet auf den Zusatz von Essig-Bakterien, Schwefel und
Zuckercouleur und ist daher in der Ausbeute rarer und exklusiver. Die Aromenvielfalt
lässt sich beschreiben wie bei guten Weinen – er gibt Gemüse- und Obstsalaten
die letzte Ölung und macht sich selbst auf einem Dessert wie Panna cotta und frischen Erdbeeren gut. Die Anzahl der
Weinblatt-Symbole auf dem Etikett verrät viel über die Süße des Essigs.
Sparen sollte man beim Aceto Balsamico nicht. Er dankt es mit langhaltendem
Aroma und sparsamen Verbrauch – einige Tropfen genügen.
Unsere
Erbsensuppe holt sich von ihm (und den frischen Küchenkräutern) die Bekömmlichkeit, denn vor allem getrocknete Hülsenfrüchte
– wer wüsste das nicht – können ganz schön lange und schwer im Magen liegen. Unsere legeren Sommervarianten machen es
Ihnen leichter!
Bild: Fotolia.com 72025473
Sonntag, 12. Juli 2015
1a-Grenadas - auf www.missword.de: Sonntagsthema: Vielzahl macht noch keine Vielfalt
1a-Grenadas - auf www.missword.de: Sonntagsthema: Vielzahl macht noch keine Vielfalt: Hab ich eine eigene Meinung und wenn ja, welche? Und von wem? Die aktuellen (Juli 15) Fusionsgelüste der drei Lokalgr...
Sonntagsthema: Vielzahl macht noch keine Vielfalt
Hab ich eine eigene Meinung und wenn ja, welche? Und von wem?
Die aktuellen Fusionsgelüste der drei Lokalgrößen auf dem Berliner Print-Abo-Markt – auf dem nur noch 250.000 von
3,5 Millionen Einwohnern eine Tageszeitung im Abo lesen – sprechen für sich. Vorerst soll zwar nur das Abo-Geschäft betroffen sein, die Redaktionen bleiben unangetastet,
gemeinsam will man neue Abonnenten aus Nicht-Lesern zu einem Lesemarkt
schmieden. Redaktionelle Gleichschaltung sei dies noch nicht. Wäre
eine solche denn zu befürworten? Ganz sicherlich nicht. Aber wie ist die Echtsituation? Unterscheiden
sich Berliner Morgenpost, Tagesspiegel und Berliner Zeitung noch wirklich? Ja, schon,
aber die Leser scheinen es nicht zu merken oder nicht wertzuschätzen. Was ist mit der Vielfalt der differenzierten Meinungsbildung passiert?
Willkommen schöne alte, neue Medienwelt
Im aktuellen Journalismus scheint sich derzeit alles neu zu erfinden, vor allem in den USA, die schon immer Vorreiter in innovativem Journalismus waren. Die freie Auslandskorrespondentin Pauline Tillmann hat eine Vielzahl an Trends ausgemacht: Hyperlokale Blogs (die Lokalzeitungen obsolet machen), Paid Content (ja, doch), Native Advertising, Stiftungs-Journalismus, Datenjournalismus, Mobile Reporting (kann irgendwie jeder), Unternehmen, die ein eigenes Medium werden. Multimedia gehört die ganz nahe Zukunft. Gleichzeitig meldet das Wirtschaftsmagazin BrandEins, dass schreibenden Robotern die Zukunft gehöre (schon jetzt gängige Praxis bei Routineaufgaben wie Sportmeldungen und Börsentickern).
Zur selben Zeit fordert der Medienexperte Bernd Gäbler die Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten auf, die Zahl ihrer Politmagazine einzuschränken, da sie nur noch über wenig politischen Nutzwert verfügten und sich mittlerweile auf Verbraucherthemen konzentrierten. Die Diskussion von gesellschaftspolitischen Trend oder gar "den Mächtigen unbequem werden?": Beides Fehlanzeige.
Ein buntes Potpourri aus Medienmeinungen in der vergangenen Woche. Wie
bringt man das alles zusammen? Vielleicht mit einer grundlegenden Überlegung:
Im allgemeinen News-Hype, zeitgleich, gefühlsecht, massenhaft und viral
verbreitet, kaum noch gewichtet in Bedeutung, Relevanz oder Konsequenz, in
der Konzentration auf Nachrichtenwert und Echtzeit-Novität gerät eine andere
Sicht von redaktioneller Pflichtübung aus dem Blickfeld, die mindestens
genauso wichtig ist wie der öffentlich-rechtliche Informationsauftrag: Meinungsbildung.
![]() |
Das ideale Paar: Kaffee & Zeitung |
Jemandem die Meinung geigen...
Neben der tatsachenbetonten Nachricht, Meldung, Berichterstattung, dem Nutzen- und Handlungs-Journalismus (Ratgeber, Magazin, Verbraucherthemen) und dem persönlichen Augenschein (Reportage, Interview)
hat Qualitätsjournalismus eine weitere
wesentliche Funktion: Klar Haltung beziehen in Kommentar, Glosse, Kritik, Wertung und Meinung. Der Leser wünscht sich nicht nur Information und Wissen. Erfahrung ist ihm mindestens genauso wichtig. Nicht ohne
Grund sind Meinungsführer wie das Editorial, der Kommentar, der
Leitartikel wesentlicher Bestandteil der traditionellen Tagestitel. Oder waren
sie es bereits??
Die
Tagesmedien scheinen immer unpolitischer zu werden, genauso geht es dem Mann
auf der Straße, diskutiert er noch oder schläft er schon? Am sogenannten
Stammtisch wird sicherlich noch trefflich über Politik gestritten, im Kabarett
nimmt man aber längst bevorzugt Haartracht oder Figur führender
Persönlichkeiten aufs Korn. Um die Vielfalt der individuellen Leit-Meinungen, die
zur Meinungsbildung des Einzelnen führt, scheint es schlecht bestellt.
Dabei
wissen gerade wir Deutschen ziemlich gut, was eine Gleichschaltung von Medien
und Meinung bewirken kann. Oldschool scheint es zu, wenn ich bekenne, dass ich mir bereits früh über eine Vielfalt an Medien, zu denen wichtige überregionale Tageszeitungen, polarisierende Wochenmedien, TV-Politik- und Satire-Magazine gehörten, ein differenziertes Bild machte und schlussendlich auch eine eigene Meinung bildete – ob sie nun ausgereift war oder
nicht. Das nannte man auch Orientierung. Anderen gab der Glaube Richtung, ich fand sie bei den Medien.
Heute
erleben wir Leipziger Einerlei, inszenierte Fotos aus Krisenherden und internationalen Brennpunkten, gestellte Posen von Verhandlungstischen, un-spontane Interviews zwischen ausgestopft wirkenden Partnern, vorproduzierte und abgesprochene Einheits-Kommentare, Moderaten, die über das Knöpfchen
im Ohr vom Experten hinter den Kulissen durch die Talkshow gelotst werden.
Erinnern wir uns noch an Nikita Chruschtschow, der mit seinem eigenen Schuh bei der UN-Vollversammlung auf den Tisch hämmerte, um Protest anzuzeigen? An den Kanzler der Einheit (jaa, doch), der einem Diskutanten handgreiflich an den Kragen wollte? An Herbert Wehner, der sich das eine oder andere Mal in der Leidenschaft der Rhetorik schwerwiegend im Wort vergriff aber dennoch keine oder wenige Beleidigungsklagen erhielt? An Willy Brandt, der seine menschlichen Schwächen keineswegs verdeckte? An amerikanische Präsidenten, von denen öffentlich wurde, dass sie ähnlichen Schwächen nachgaben? Oder sie mit Psychopharmaka beschwichtigten? An russische Doppelgänger, die je nach Bedarf für das schwächelnde Unikat eingesetzt wurden? An einen Potentaten aus dem Süden der Republik, der sich nicht scheute, Journalisten als Geschmeiß zu bezeichnen und ein Nachrichtenmagazin durchsuchen ließ?
Das war doch immerhin noch Futter für Intellekt und Gemüt.
Erinnern wir uns noch an Nikita Chruschtschow, der mit seinem eigenen Schuh bei der UN-Vollversammlung auf den Tisch hämmerte, um Protest anzuzeigen? An den Kanzler der Einheit (jaa, doch), der einem Diskutanten handgreiflich an den Kragen wollte? An Herbert Wehner, der sich das eine oder andere Mal in der Leidenschaft der Rhetorik schwerwiegend im Wort vergriff aber dennoch keine oder wenige Beleidigungsklagen erhielt? An Willy Brandt, der seine menschlichen Schwächen keineswegs verdeckte? An amerikanische Präsidenten, von denen öffentlich wurde, dass sie ähnlichen Schwächen nachgaben? Oder sie mit Psychopharmaka beschwichtigten? An russische Doppelgänger, die je nach Bedarf für das schwächelnde Unikat eingesetzt wurden? An einen Potentaten aus dem Süden der Republik, der sich nicht scheute, Journalisten als Geschmeiß zu bezeichnen und ein Nachrichtenmagazin durchsuchen ließ?
Das war doch immerhin noch Futter für Intellekt und Gemüt.
Und heute? Was für ein Niedergang.
Was wir erlebten, war munteres Polittheater. Das beseelte, rüttelte auf, amüsierte, polarisierte. Heute erleben wir Politikverwaltung. Die
heutigen (politischen) Medien und Talkshows können gar nicht anders sein als so
wie sie von uns wahrgenommen werden. Lahm. Warmduscher fast alle. Ihnen fehlt
einfach der Stoff aus dem Politmagazine sind. Die kantigen, grantigen, kolossalen Protagonisten, die als Menschen aus Fleisch und Blut und nicht als Stockpuppen das Theater bespielen. Die Haltung beziehen und nicht nur verlautbaren. Das bisschen Grexit geht ja auch
vorbei. Was sollen die armen Kerle in den Politmagazinen machen? Lassen wir sie in Frieden.
Doch
woher nehme ich nun meine Meinungen? Sei’s drum – Ich bild' mir einfach meine
eigenen. - Dabei fällt mir auf, dass ich heute offenbar das Thema zwar nicht
ganz verfehlt, aber wohl nur umrundet habe. Keine Frage: Mir fehlen Vorbilder. Oder ist es einfach zu heiß? – Ach, bilden Sie sich doch Ihre eigene Meinung ;)
Kurz in eigener Sache:
Es gibt wider kürzliche eigene Aussage doch wieder das Sonntagsthema - und vorerst kein "Montag um 9" - Man kann ja mal seine Meinung ändern, oder??
Bild: Thinkstock by Getty Images, Ingram Publishing
Kurz in eigener Sache:
Es gibt wider kürzliche eigene Aussage doch wieder das Sonntagsthema - und vorerst kein "Montag um 9" - Man kann ja mal seine Meinung ändern, oder??
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