Zwischen Gutscheinen und anderen weihnachtsbedingten Absurditäten
Die Milchstraße - unergründlich - wunderschön |
Anderen gruselt es etwas
vor den Tagen, an denen versteckte Gefühle hochkochen könnten. Irgendwie
erwarten wir aber alle, dass sich das Leben an den Weihnachtstagen anders anfühlt als
sonst. Feierlicher, erhabener, festlicher, friedlicher, fröhlicher, freier. Dass sich etwas
ereignet, wofür wir übers Jahr keine Zeit hatten. Bei einer solch hohen
Erwartungshaltung muss Weihnachten oft die Waffen strecken. Und Frustration
liegt nahe *
Die Gutschein-Gesellschaft
Der Zugang zu Weihnachten ist allerdings auch
denkbar schwierig: Die Shopping-Season fordert Opfer. Haben Sie sich in der
letzten Zeit nicht auch verfolgt gefühlt?
Stündlich überschlugen sich die E-Mails
mit neuen, teils unverblümt aggressiven Aufforderungen an mich, doch endlich meine
Gutscheine, Rabattangebote und Schnäppchenspecials in Anspruch zu nehmen,
sprich: Geld auszugeben, und dies reichlich, denn nur heute, und nie mehr
sonst, wäre es so günstig, dass nur Dummköpfe nicht zugreifen würden.
Black
Friday und Cyber Monday taten ihr Übriges.
Alles nur Konsum oder was?
Sicherlich, die Frage ist nicht neu. Doch
noch nie hatte ich mehr das Gefühl, mich im freien Fall in eine Gutschein-Gesellschaft zu bewegen – der Gutschein, das Geschenk, das direkt vom
Herzen kommt. Einen traurigeren Beweis für Sittenverfall gibt es kaum.
Wird es
in einer weiteren Entwicklungsstufe der Digitalisierung auch Gutscheine für ein
Blinddate mit einem Cyborg oder ein Wochenende mit einem Roboter nach Wahl geben?
Früher war alles besser?
Zumindest dies hatten unsere Vorfahren uns voraus:
In der vorindustriellen Agrargesellschaft ruhte in dieser Jahresendphase
jahreszeitlich bedingt die Arbeit, der Organismus der Menschen war auf Stille
und Ruhe gepolt, man hörte in sich hinein und enträtselte, was im Jahr
passiert war, fasste Kraft für das neue und setzte sich zum Gespräch zusammen
mit den Menschen, die nahe standen: Familie, Freunde, Nachbarn, Dorfmitglieder.
Beim Reden klärten sich angestaute Wünsche, entwirrten sich verwirrte Gefühle
und nicht selten entdeckte man dann, was man eigentlich wirklich wollte – die
eigentlichen (inneren) Herzenswünsche unter den vordergründigen (äußeren) Zielen.
Wie viele
Menschen mögen ein Leben führen, das ihnen im Grunde ihres Herzens nicht liegt?
Die ihre wahren Bedürfnisse und Wünsche zubetoniert haben, damit sie nicht
mehr stören? Manager, die alles für ihren Erfolg tun, sich im Grunde aber nach
Liebe sehnen? Powerfrauen, die alles erreicht haben, aber uneingestanden Wärme und Zuwendung
vermissen? Klischees, zweifellos. Doch ein Versuch wäre es wert! Fragen wir uns alle
in diesen "Stillen Tagen" einmal: „Was ist mir in diesem Leben wirklich wichtig? Deckt sich mein inneres mit meinem äußeren Ziel? Und was will ich am Ende darüber sagen können?“
Ein Plädoyer für die Menschlichkeit
Erst zu sich selbst finden, was ein lebenslanger Prozess sein kann, dann klappt
es auch mit den anderen.
Die Bedeutung von Kleinigkeiten erkennen, emotionale
Momente schätzen – das Lächeln eines Kindes am Fenster eines vorbeifahrenden
Autos, der Blick in fremde Augen im Trubel der Bürgersteige, das Gefühl sich
für einen kleinen Moment mit dem Leben anderer zu verbinden in zwei, drei
Sätzen, die man mit einem Fremden wechselt.
Kleine Begebenheiten, die Trost
spenden. Denn diesen benötigen wir alle – mehr oder weniger. Trost um die Diskrepanzen zwischen dem Wollen und dem Sein zu ertragen. Hier ist auch die
Grenze zwischen Komik und Tragik – es gibt sie eigentlich gar nicht. Das wissen
alle, die versuchen, Menschen mit dem was sie schaffen, zu erheitern und zum
Lachen zu bringen: Es ist ein verdammt hartes Business.
Nein, Weihnachten wird nicht überschätzt.
Vielleicht eher unterschätzt.
Denn hier kann der Beginn einer wunderbaren
Freundschaft sein – und zwar mit seinen tief verborgenen Wünschen an sich selbst in Verbindung zu treten. Ja, ich gestehe es offen, auch ich
möchte Ihnen einen imaginären Gutschein schenken: Die Chance auf einen
zweiten Augenblick und zweiten Eindruck im Bewerbungsgespräch mit sich selbst.
Fröhliche, stille, herzergreifende,
beschwingte, entspannte, genüssliche Festtage! Schwelgen Sie in Emotionen und
geben Sie Ihren wahren Wünschen eine Chance.
Herzlichst
Ihre Sigrid Jo Gruner
* In der kleinen Weihnachtsstory springt der Held Paul über seinen Schatten und erlebt eine Überraschung.
Bildnachweis:
Foto Milchstraße, Pixabay, Felix Mittermaier
Foto Sale, Pixabay, Coffeebeanworks
Foto Couch, Pixaybay, Andrewicus
Foto MissWord! Trinkstock
Sigrid Jo Gruner unterstützt als "MissWord! Manufaktur für das wirksame Wort" Unternehmen und Selbstständige bei ihrer wirksamen Marktpositionierung und Unternehmenskommunikation.
Schwerpunkte: Strategische Beratung, Personal Branding, Konzeption & Redaktion, PR- & Magazintext, Web-Content, E-Book, Sachbuch & Corporate Book. Und 24-jährige Erfahrung.
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Sigrid Jo Gruner unterstützt als "MissWord! Manufaktur für das wirksame Wort" Unternehmen und Selbstständige bei ihrer wirksamen Marktpositionierung und Unternehmenskommunikation.
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