Mittwoch, 29. Juli 2015

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Mittwochssuppe: Gurkensuppe Singapur - höllisch sinnlich!

Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe!

Gurken sind anpassungsfähige Wesen. Allerdings man muss sie geschmacklich aufpeppen - sonst kann die krumme Grüne in etwas Fades, Wässriges ausarten. Diese Suppe ist ein Hofknicks vor Kreuzkümmel, Kurkuma und Kardamom. Das unübertreffliche Aroma erzielen geröstete Gewürzsamen. Wenn Kokosmilch und Limette ihre Flavours dazugeben und frischer Koriander seinen Charme entfaltet, verwandelt sich die heimische Küche plötzlich in einen Hawker*, eines der typischen Straßenrestaurants im Kulinarik-Hotspot Singapur. Einfach, würzig-köstlich, schnell, höllisch anregend.

Die Farbvielfalt spiegelt sich in den heimischen Gewürzen.
Der kleine Haken: Sie brauchen eine Menge unterschiedlicher Gewürzaromen. Und diese sollten frisch sein! Dafür werden Sie mit einem unvergleichlichen Geschmackserlebnis belohnt, in dem sich alle Gewürze zu einer neuen Komposition vereinigen. Ein Mörser sollte zur Hand sein und für eine sämigere Konsistenz einfach 2 EL duftenden Basmatireis hinein rühren. 

Currygurkensuppe Singapur *

Wir benötigen:

150 g Schalotten, 2 Knoblauchzehen, 1000 g Schmorgurken (sehr frisch!), 150 g Kirschtomaten, 1 rote, 1 grüne Chillischote, 20 g frischen Ingwer, braunen Zucker, 200 ml Kokosmilch, 2 Tl Limettensaft, Koriander- und Dillgrün, 80 g Cashewkerne, 3 EL Öl. 150 g Seidentofu. Wasser oder Gemüsebrühe (Umfang nach Geschmack)

Für die betörende Würze: 1 Tl Kreuzkümmelsaat, 3 Tl Koriandersaat, 5 Kardamonkapseln, 1 EL schwarze Senfsaat, 2 Lorbeerblätter, 1 Zimtstange, 1 Tl Kurkuma, Steinsalz, Prise Nelkenpulver, frischen weißen Pfeffer

Alternative zur veganen Variante: in Öl sanft gebratene Garnelen darüber legen.

Und so geht's:

1 Kreuzkümmel und Koriandersaat ohne Fett dunkel bräunen, abkühlen, im Mörser fein zerreiben.

2 Gemüse vorbereiten: Schalotten, Knoblauch würfeln, Ingwer reiben, Chilischoten in Ringe schneiden. Kardamom andrücken. Gurken schälen, halbieren, Kerne entfernen, Enden abschneiden. In 5 cm lange Stifte schneiden. 

3 Senfsaat in Öl glasig andünsten, Schalotten, Knoblauch, Ingwer, Chilis zufügen, glasig dünsten. Lorbeer, Kardamom, Zimtstange und Kirschtomaten mitdünsten. Prise Zucker, Kurkuma und den gerösteten Gewürzmix einrühren, mit Salz, Pfeffer abschmecken. Mit 400 ml Gemüsebrühe auffüllen. 5-6 Minuten köcheln lassen, Gurken, Seidentofu und Kokosmilch 8-10 Minuten im offenen Topf sanft mitschmoren. Gurken nicht zerkochen! Mit Limettensaft, Zucker, Nelke, Salz und Pfeffer abschmecken.

4 Die nicht-vegane Alternative: In Öl gebratene Garnelen in tiefe Teller legen, Suppen darübergießen.

5 Bei beiden Varianten zartes Koriander- und Dillgrün fein darüber streuen, mit gehackten Cashew- oder Erdnussstücken verfeinern.  


Schmorgurken sind kleine Racker. 


Kürzer, stabiler, wuzziger, praller als ihre schmalen, wässrigen Cousins, zieht ihr gelblich-grün-gemasertes Äußere die Blicke auf sich, und ihr festes Fleisch hat Biss und Geschmack. Ursprünglich kamen sie aus Indien, bei uns machen sie sich rar und zeigen sich nur im Sommer. Ihre lustigen Bitterstoffe regen die Verdauung an. Roh macht sie nix her, aber geschmort, gedünstet, gefüllt, überbacken umso mehr. Mit dem Eisschrank will sie nicht in Berührung kommt - brrh - und mit ihrem hohen Wassergehalt von 94% kommt sie mit sehr wenig Kalorien aus. Ein echtes Prachtstück. 

Singapurs Fusion-Küche


Dass es ihr an einer eigenständigen Landesküche fehlt, ist kein Manko, ganz im Gegenteil. Singapurs Cuisine Fusion ist ein Spiegel der multikulturellen Einwohnerschaft. Sie verbindet traditionelle chinesische mit der pikanten Schärfe malaysischer Gerichte in der Nonya-Küche, nascht in indischen, vietnamesischen, koreanischen und philippinischen Töpfen und verschmäht weder französische noch italienische Klassiker.

Singapurs Hawker sind kulinarisches Straßentheater. Ganz Singapur ernährt sich bei den überdachten Nachfahren der fliegenden Straßenhändler, die luxusfrei, aber peinlich sauber, weil streng kontrolliert, für ein paar Singapur Dollar mit einer überraschend hohen Qualität angenehm satt machen. In diesem gesellschaftlichen Schmelztiegel treffen sich Wirtschaftskapitäne und Hafenarbeiter, Student und Professor in gesättigtem Wohlbehagen. Das Takeaway ersetzt den heimischen Esstisch. Satay-Spieße, rattenscharfe Chili Crabs, Laksa (Nationalspeise - Hühnersuppe mit Kokosmilch, Chili, Reisnudeln, Gemüse, Herzmuscheln und Krabben), Wokgemüse, Fischcurries, Teigtaschen und Rujaks (Salate) sind Selbstläufer ... täglich frisch und köstlich!

(mehr zu Singapurs Küche: www.kochform.de/magazin)

 




Foto: Fotolia.com #62228256 | - thegreenpics

Auf der Basis des Originalrezepts, das allerdings ein Gurkencurry ist: Essen & Trinken 8/2014


Sonntag, 19. Juli 2015

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Montags um 9: Das Matterhorn oder ..

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Montags um 9: Das Matterhorn oder ..: .. wie ein Berg nicht aufhört zu rufen Es gibt 38 Viertausender rund um Zermatt, aber einer ist darunter, der schei...

Montags um 9: Das Matterhorn oder ..


.. wie ein Berg nicht aufhört zu rufen


Es gibt 38 Viertausender rund um Zermatt, aber einer ist darunter, der anscheinend willenlos macht. Er ist aber auch eine echte Granate! In diesem Sommer feiert das Schweizer Alpendorf ein rauschendes Jubiläum. Selbst die Queen ist geladen. Schließlich war es einer ihrer Landsleute, der erstmals seine 4.478 Höhenmeter bezwang. Und Zermatt eine glänzende Zukunft bescherte. 

Eine kleine und willkürliche Matterhorn-Chronik 


14. Juli 1865: Der britische Bergsteiger Edward Whimpley steht mit seiner Siebener-Seilschaft ganz oben. Dort wo er schon mehrmals hin wollte. Heute kam er durch. Über den Hörnligrat an die Spitze des Matterhorns. Als erster, noch vor der italienischen Konkurrenztruppe, die von der anderen Bergseite gegen die Pyramide aus Kalkstein, Gletscher und Eis anrennt. Auf dem Abstieg reißt ein Seil, und vier Briten stürzen zu Tode. Das unglückselige Stück Tau ist heute im Zermatter Heimatmuseum zu begutachten.

In jeder kurzen Zermatt-Saison brechen ca. 3.500 Menschen auf, um das fast Unmögliche zu schaffen. Der Kletterrekord „rauf-runter“- liegt bei phänomenalen knapp zwei Stunden! Inklusive Bergführer muss man mit mindestens 1.500 Franken rechnen. Das ist es den Bergstürmern auch wert. Seit 1865 sind allerdings auch 500 Menschen dem Berg zum Opfer gefallen. Der Rettungsdienst Zermatt bricht pro Saison zwischen Mitte Juni und Mitte September circa 300 Mal auf. Ob es das auch wert ist? Doch die Magie der Alpen und insbesondere dieses unwiderstehlichen Kolosses ist auch nach 150 Jahren ungebrochen.

1950: Ein italienischer Graf will eine Seilbahn zum Gipfel bauen lassen. 90.000 entrüstete Unterschriften verhindern es. Das Matterhorn wird „schützenswertes Naturwunder“. Bleibt es bis heute.

1988: Reinhold Messmer erklimmt das Matterhorn. Für die Bergsteigerlegende eine leichte Übung. Was ihn aber schier aus dem Tritt bringt: Oben in der Wand stößt er auf einen Kiosk, prall gefüllt mit Souvenirs, Kitsch und Klatschpresse. Tobsuchtsanfall Messmers wegen der Verunglimpfung eines schier heiligen Berges. Immerhin des meistfotografierten der Welt. Was er wenig später erfährt: Es war eine Ulk-Aktion von „Verstehen Sie Spaß“ – Leider wissen wir nicht, wie Messmer reagierte ;-) Aber immerhin kam er wieder heil zurück ins Tal.

2012: Die später zur Miss-Schweiz gekrönte Linda Fäh bleibt beim Miss-Quiz die Frage nach dem Matterhorn schuldig. Reuig bricht sie auf und besteigt den Berg medienträchtig mit zwei Bergführern und einem Kamerateam.

Zermatt 2015


Heute drängeln sich Touristen aus aller Welt im ehemals abgeschiedenen Alpendorf, das zu einem High Class Label für Exklusivität wurde. Besonders der frühe Sonnenaufgang gehört zum Pflichtprogramm der Hobbyfotografen. Japaner und Chinesen üben sich im Winter auf den beschneiten Matten – und sommers auf dem Gletscher – im Schneepflug. In China rutschen mittlerweise 5-6 Millionen Skifahrer auf Brettern mehr oder weniger steile Anhöhen herunter. Und sie wollen alle in die Schweiz. Auch Herr Yianliung Li kam, ist geblieben und wurde gar Skilehrer. Gewöhnte sich sogar ans Käsefondue. Gibt es einen schöneren Beweis, was eine Granitlegende bewirken kann? ;-)

Wer das Spektakel Matterhorn im Jubiläums-Sommer 2015 erleben will, hat die Wahl zwischen gefühlt 3.000 Events. Wer es idyllischer mag, kommt im Winter (und mietet ein Chalet). 

Na dann - Berg Heil!



Bild: Datei: #73328204 | Urheber: huci

Mittwoch, 15. Juli 2015

Mittwochssuppe: Sonnige Erbensuppe, giftgrün Erbsen, sattrotes Pesto, mit einem Kick Säure


Mittwochssuppe: Giftgrüne Erben, sattrotes Pesto + ein Spritzer Saures


Hülsenfrüchte verbindet man eher mit winterlich-deftigen Eintöpfen. Dass die Aschenputttel-Gemüschen sich auch im Sommer ganz willig in den Suppenteller schmiegen, sollte man kulinarisch nicht unterschätzen. Denn jetzt kullern sie wieder – die frischen Erbsen in der Zuckerschote, die sich gegen einen leichten Druck mit dem Fingernagel und mit einem lustvollen Knacken öffnet. Leider braucht man eine Menge Schoten für vergleichsweise wenige Erbsen – aber nicht nur die herrlich grün-giftige Farbe lohnt die Mühe allemal.


Sonnige Erbsensuppe - Die Wandlungsfähige


Auf Potage St. Germain hört die Erbsensuppe, wenn wir sie mit Butter, Knoblauch und Sahne zubereiten. Mediterran gibt sie sich mit Olivenöl und selbst gemachtem roten Pesto und/oder einem Schuss Balsamico. Deutsch mit kleinen Speckkrüstchen und frischem Bohnenkraut. Griechisch mit Schafskäse und Minze. Sizilianisch mit Lorbeer und Zitrone. Ausprobieren! Jede Variation braucht frische Kräuter (Minze, Thymian) zur wahren Größe. Pfeffern kann man nach Belieben mit frischen weißen oder schwarzen Körnern, mit Chiliringen oder einem Klacks Sambal (gemeinsam mit Zitronengras und Limette gibt sich die Potage dann eine exotische Ausstrahlung).

Wir benötigen:


Für die Suppe: 450 g frische junge gepalte Erbsen (Gewicht geschält!), 2 fein gehackte Schalotten, 450 ml Wasser oder leichte Gemüsebrühe, Meersalz, Pfeffer nach Belieben (s.o.), Butter oder Olivenöl, Balsamico, Sahne oder roten Pesto oder Speckkrüstchen oder Schafskäsewürfel (s.o.), frisches Bohnenkraut, Thymianblättchen und/oder Minzblätter zur Deko

Für das Pesto: 100 g getrocknete, in Öl eingelegte Tomaten, 100 ml bestes Olivenöl, Pfeffer, 1 EL Pinienkerne, 50 g geraspelten Parmesan, Schuss Balsamico

Und so funktioniert die mediterrane Variante:

1 Olivenöl erhitzen, Schalotten darin andünsten, Wasser und Erbsen zufügen, würzen, Knoblauchzehe im Ganzen einlegen, alles aufkochen. Zurückschalten, Erbsen 12-15 Minuten weich köcheln. Knoblauch herausfischen.

2 Suppe fein pürieren, abschmecken. Schuss milden Balsamico für die Bekömmlichkeit einrühren. Mit Kräutern bestreuen.

3 Pesto-Zutaten fein pürieren und abschmecken. Zur Suppe reichen.

Junge, besonders zarte Zuckererbsenschoten kann man übrigen kochen ohne sie vorher aus dem Gehäuse zu pulen. Und dann mit Haut und Haar verzehren! Einfrieren lassen sich frische Erbsen, wenn man sie blanchiert, also nur kurz in kochendem Wasser gart, dann kalt abschreckt und eintütet.

Der unbestrittene Halbgott der Essige – Aceto Balsamico.


Er ist reine Handarbeit. Seine feine, samtige Säure holt er sich aus dem gekochten Most weißer Trauben aus der italienischen Region Emilia. Die Bio-Version kommt ausschließlich aus Bio-Weinreben, verzichtet auf den Zusatz von Essig-Bakterien, Schwefel und Zuckercouleur und ist daher in der Ausbeute rarer und exklusiver. Die Aromenvielfalt lässt sich beschreiben wie bei guten Weinen – er gibt Gemüse- und Obstsalaten die letzte Ölung und macht sich selbst auf einem Dessert wie Panna cotta und frischen Erdbeeren gut. Die Anzahl der Weinblatt-Symbole auf dem Etikett verrät viel über die Süße des Essigs. Sparen sollte man beim Aceto Balsamico nicht. Er dankt es mit langhaltendem Aroma und sparsamen Verbrauch – einige Tropfen genügen.

Unsere Erbsensuppe holt sich von ihm (und den frischen Küchenkräutern) die Bekömmlichkeit, denn vor allem getrocknete Hülsenfrüchte – wer wüsste das nicht – können ganz schön lange und schwer im Magen liegen. Unsere legeren Sommervarianten machen es Ihnen leichter!

Bild: Fotolia.com 72025473

Sonntag, 12. Juli 2015

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Sonntagsthema: Vielzahl macht noch keine Vielfalt

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Sonntagsthema: Vielzahl macht noch keine Vielfalt: Hab ich eine eigene Meinung und wenn ja, welche? Und von wem? Die aktuellen (Juli 15) Fusionsgelüste der drei Lokalgr...

Sonntagsthema: Vielzahl macht noch keine Vielfalt



Hab ich eine eigene Meinung und wenn ja, welche? Und von wem?


Die aktuellen Fusionsgelüste der drei Lokalgrößen auf dem Berliner Print-Abo-Markt – auf dem nur noch 250.000 von 3,5 Millionen Einwohnern eine Tageszeitung im Abo lesen – sprechen für sich. Vorerst soll zwar nur das Abo-Geschäft betroffen sein, die Redaktionen bleiben unangetastet, gemeinsam will man neue Abonnenten aus Nicht-Lesern zu einem Lesemarkt schmieden. Redaktionelle Gleichschaltung sei dies noch nicht. Wäre eine solche denn zu befürworten? Ganz sicherlich nicht. Aber wie ist die Echtsituation? Unterscheiden sich Berliner Morgenpost, Tagesspiegel und Berliner Zeitung noch wirklich? Ja, schon, aber die Leser scheinen es nicht zu merken oder nicht wertzuschätzen. Was ist mit der Vielfalt der differenzierten Meinungsbildung passiert?

Willkommen schöne alte, neue Medienwelt 


Im aktuellen Journalismus scheint sich derzeit alles neu zu erfinden, vor allem in den USA, die schon immer Vorreiter in innovativem Journalismus waren. Die freie Auslandskorrespondentin Pauline Tillmann hat eine Vielzahl an Trends ausgemacht: Hyperlokale Blogs (die Lokalzeitungen obsolet machen), Paid Content (ja, doch), Native Advertising, Stiftungs-Journalismus, Datenjournalismus, Mobile Reporting (kann irgendwie jeder), Unternehmen, die ein eigenes Medium werden. Multimedia gehört die ganz nahe Zukunft. Gleichzeitig meldet das Wirtschaftsmagazin BrandEins, dass schreibenden Robotern die Zukunft gehöre (schon jetzt gängige Praxis bei Routineaufgaben wie Sportmeldungen und Börsentickern).

Zur selben Zeit fordert der Medienexperte Bernd Gäbler die Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten auf, die Zahl ihrer Politmagazine einzuschränken, da sie nur noch über wenig politischen Nutzwert verfügten und sich mittlerweile auf Verbraucherthemen konzentrierten.  Die Diskussion von gesellschaftspolitischen Trend oder gar "den Mächtigen unbequem werden?": Beides Fehlanzeige.

Ein buntes Potpourri aus Medienmeinungen in der vergangenen Woche. Wie bringt man das alles zusammen? Vielleicht mit einer grundlegenden Überlegung: Im allgemeinen News-Hype, zeitgleich, gefühlsecht, massenhaft und viral verbreitet, kaum noch gewichtet in Bedeutung, Relevanz oder Konsequenz, in der Konzentration auf Nachrichtenwert und Echtzeit-Novität gerät eine andere Sicht von redaktioneller Pflichtübung aus dem Blickfeld, die mindestens genauso wichtig ist wie der öffentlich-rechtliche Informationsauftrag: Meinungsbildung.

Das ideale Paar: Kaffee & Zeitung

Jemandem die Meinung geigen...


Neben der tatsachenbetonten Nachricht, Meldung, Berichterstattung, dem Nutzen- und Handlungs-Journalismus (Ratgeber, Magazin, Verbraucherthemen) und dem persönlichen Augenschein (Reportage, Interview) hat Qualitätsjournalismus eine weitere wesentliche Funktion: Klar Haltung beziehen in Kommentar, Glosse, Kritik, Wertung und Meinung. Der Leser wünscht sich nicht nur Information und Wissen. Erfahrung ist ihm mindestens genauso wichtig. Nicht ohne Grund sind Meinungsführer wie das Editorial, der Kommentar, der Leitartikel wesentlicher Bestandteil der traditionellen Tagestitel. Oder waren sie es bereits??

Die Tagesmedien scheinen immer unpolitischer zu werden, genauso geht es dem Mann auf der Straße, diskutiert er noch oder schläft er schon? Am sogenannten Stammtisch wird sicherlich noch trefflich über Politik gestritten, im Kabarett nimmt man aber längst bevorzugt Haartracht oder Figur führender Persönlichkeiten aufs Korn. Um die Vielfalt der individuellen Leit-Meinungen, die zur Meinungsbildung des Einzelnen führt, scheint es schlecht bestellt.

Dabei wissen gerade wir Deutschen ziemlich gut, was eine Gleichschaltung von Medien und Meinung bewirken kann. Oldschool scheint es zu, wenn ich bekenne, dass ich mir bereits früh über eine Vielfalt an Medien, zu denen wichtige überregionale Tageszeitungen, polarisierende Wochenmedien, TV-Politik- und Satire-Magazine gehörten, ein differenziertes Bild machte und schlussendlich auch eine eigene Meinung bildete – ob sie nun ausgereift war oder nicht. Das nannte man auch Orientierung. Anderen gab der Glaube Richtung, ich fand sie bei den Medien.

Heute erleben wir Leipziger Einerlei, inszenierte Fotos aus Krisenherden und internationalen Brennpunkten, gestellte Posen von Verhandlungstischen, un-spontane Interviews zwischen ausgestopft wirkenden Partnern, vorproduzierte und abgesprochene Einheits-Kommentare, Moderaten, die über das Knöpfchen im Ohr vom Experten hinter den Kulissen durch die Talkshow gelotst werden.

Erinnern wir uns noch an Nikita Chruschtschow, der mit seinem eigenen Schuh bei der UN-Vollversammlung auf den Tisch hämmerte, um Protest anzuzeigen? An den Kanzler der Einheit (jaa, doch), der einem Diskutanten handgreiflich an den Kragen wollte? An Herbert Wehner, der sich das eine oder andere Mal in der Leidenschaft der Rhetorik schwerwiegend im Wort vergriff aber dennoch keine oder wenige Beleidigungsklagen erhielt? An Willy Brandt, der seine menschlichen Schwächen keineswegs verdeckte? An amerikanische Präsidenten, von denen öffentlich wurde, dass sie ähnlichen Schwächen nachgaben? Oder sie mit Psychopharmaka beschwichtigten? An russische Doppelgänger, die je nach Bedarf für das schwächelnde Unikat eingesetzt wurden? An einen Potentaten aus dem Süden der Republik, der sich nicht scheute, Journalisten als Geschmeiß zu bezeichnen und ein Nachrichtenmagazin durchsuchen ließ?

Das war doch immerhin noch Futter für Intellekt und Gemüt.

Und heute? Was für ein Niedergang. 


Was wir erlebten, war munteres Polittheater. Das beseelte, rüttelte auf, amüsierte, polarisierte. Heute erleben wir Politikverwaltung. Die heutigen (politischen) Medien und Talkshows können gar nicht anders sein als so wie sie von uns wahrgenommen werden. Lahm. Warmduscher fast alle. Ihnen fehlt einfach der Stoff aus dem Politmagazine sind. Die kantigen, grantigen, kolossalen Protagonisten, die als Menschen aus Fleisch und Blut und nicht als Stockpuppen das Theater bespielen. Die Haltung beziehen und nicht nur verlautbaren. Das bisschen Grexit geht ja auch vorbei. Was sollen die armen Kerle in den Politmagazinen machen? Lassen wir sie in Frieden.

Doch woher nehme ich nun meine Meinungen? Sei’s drum – Ich bild' mir einfach meine eigenen. - Dabei fällt mir auf, dass ich heute offenbar das Thema zwar nicht ganz verfehlt, aber wohl nur umrundet habe. Keine Frage: Mir fehlen Vorbilder. Oder ist es einfach zu heiß? – Ach, bilden Sie sich doch Ihre eigene Meinung ;)


Kurz in eigener Sache:
Es gibt wider kürzliche eigene Aussage doch wieder das Sonntagsthema - und vorerst kein "Montag um 9" - Man kann ja mal seine Meinung ändern, oder??



Bild:  Thinkstock by Getty Images, Ingram Publishing