Samstag, 27. Mai 2017

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Samstagsstory: Die Nachmittage mit Max


Die Nachmittage mit Max

Die Geschichte von Max und Mathilde



Max war alt und in vieler Hinsicht etwas nachlässig. Aber kam Mathilde zu Besuch, gab es nicht einen einzigen Staubkrümel auf dem Parkett, keinen Fettfleck auf der Anrichte, keinen reinlicheren kleinen Kahlkopf als Max. Ein paar Stunden hatte er gewienert und gebohnert, seinen speckgepolsterten gedrungenen Körper geschrubbt bis die Haut spannte, und den guten Anzug aufgebügelt, den er noch seiner Seligen verdankte. 

Max war nie ein ausgewiesener Freund vom Einkaufen gewesen. Endlos durch Geschäfte bummeln, auf Wartesofas herumsitzen, Anzüge vor sich hinhalten lassen, Entscheidungen treffen, an der Kasse die richtigen Geldscheine in der richtigen Geschwindigkeit aus der Brieftasche ziehen, um sie der schmaläugigen Kassiererin vorzulegen, deren Ungeduld Max beinahe körperlich spüren konnte, während die Nachdrängenden ihm Knie und Arme in die Rippen stießen, all das versetzte ihn in Übellaune. Seine Frau hatte immer darauf bestanden, seine Garderobe tipptopp zu halten, wenn ich mal nicht mehr bin, pflegte sie zu sagen, dann wirste noch froh darüber sein

Bin ja froh, brabbelte Max vor sich hin, als er sich an diesem hellen Vorfrühlingstag von seinem Nachmittagsschlaf erhob und die arthritischen Arme streckte, vor allem, dass ich sie überlebt habe. Was hätte sie denn mit dem ganzen Kram machen sollen, den rosa Krawatten mit Silberstreif, den Socken in solider Wirkware, den Sakkos, die seinem stetig wachsendem Bauchumfang angepaßt geworden waren, den rotbraunen Lederslippern mit Lochmuster?

In der Küche strahlte ihm Sauberkeit entgegen, die ihm eine tiefe Befriedigung verlieh. Mathilde würde wie immer sagen, Herr Max, bei Ihnen könnte man vom Fußboden essen. Max verzog die Lippen zu einer pfeifenden Bewegung. Als ob er das wollte. Lieber Himmel, beileibe nicht. Aber wenn Mathilde dies als Gütesiegel für einen guten Liebhaber verstand, bitte, warum nicht mal auch das. Denn Max war scharf auf Mathilde. Er war so scharf wie ein chinesischer Rettich. Wenn er sie beim Einkaufen schon mal von Weitem sah, fühlte er heiße Rührung in sich aufsteigen. 

Gott ja, man war in jungen Jahren kein feuriger Liebhaber gewesen ..


seinen Dienst in der Ehe hatte er mit der gleichen Dickfälligkeit versehen wie er die Militärzeit und die 38 Buchhalterjahre absolviert hatte, aber im Laufe des Lebens war er ein wenig auf den Geschmack gekommen. Seiner Seligen war das Nötigste gerade recht, gerade so viel, dass es auch zu zwei Kindern reichte, aber Max fand seine kleinen Nischen. Als er noch berufstätig war, verbrachte er die Zeit zwischen Büroschluß und Abendbrot vor abgedunkelten Sehschlitzen im Bahnhofsviertel, in denen er mit ein paar Geldmünzen eine Viertelstunde lang Glücksgefühle abrufen konnte, oder in seinem Opel Kadett den Straßenstrich entlang bummelnd, einige Sekunden lang in Blickkontakt mit den strengen Damen in Leder, die ihn in aufrechte Position brachten.

Und nun auf seine alten Tage – Mathilde! Ein Wonneproppen, rundlich, rosig, ringellockig, trug viel Rosa, duftete nach Jasmin, hatte ihr üppiges Fleisch straff gehalten. Und sie hatte Chancen: Betrat sie den Supermarkt am Breiten Markt, am späten Vormittag, wenn die Rentner des Viertels ihren Vorrat an Alete-Gläschen, Apfelmus und Katzenzungen durch die Gänge schoben, kam Bewegung in müde Glieder. 

Warum Mathilde gerade Max angesprochen hatte, als sie mit ihren molligen Armen nicht an die Gewürzgurken im obersten Regal reichte, war ihm schleierhaft. Aber egal, es kam zu einem Gedankenaustausch über das Wetter und die politische Lage im allgemeinen, danach wurden sie schnell gute Freunde in der gemeinsamen Empörung über die Teuerung bei Aufschnitt und Kümmelkäse, und dann war es nur noch ein kleiner Schritt zum ersten verschämten Treffen im Park bei Vollmond, bei dem er sie zum Abschied auf das Wangenrouge küssen durfte. Max glühte vor Stolz. 


Was muss das muss ..



Und seitdem kam Mathilde regelmäßig. Einmal im Monat, die Nachbarn wussten schon Bescheid, dann wurde es immer ein bißchen lauter. Hatten aber Verständnis, was muss das muss.  - Und heute war es wieder soweit. Ein Blick auf die Uhr - nur noch ein paar Minuten. Max schmunzelte über seine geröteten Backen, er fühlte sich schwach und stark zugleich, prüfte seine Bizeps, machte ein paar Kniebeugen. Nicht überanstrengen, sonst ging ihm dann die Puste aus. In der Vorfreude hätte er beinahe seine Rituale versäumt. Schnell noch die Sofakissen aufschütteln und die Jalousien herunterlassen. Beim Raumspray nicht gespart! Moschus. Beleuchtung gedimmt. War der Schampus schon im Kühlfach? Her mit den Kirschpralinen! Ein  rascher Blick in den Flurspiegel. Pas mal, dachte er sich beiläufig. Das hatte er einmal in einem französischen Film gehört, hatte ihm imponierte.

Da läutete es schon. Max schnaufte, grinste, strich sich über die Weste, die ein wenig spannte, sodass er den Bauch einzog und sich mit einem straffenden Ruck durch den Kugelkörper in jugendliche Dynamik versetzte. Mit großem Schwung riss er die Wohnungstür auf, als wollte er die ganze Welt hereinlassen, und da war Mathilde, errötend, weich, lockig und lockend. Kommen Sie rein, meine Liebe! Max ergriff ihre mollige Hand und zog sie in den dämmerigen Flur. Halt, noch meine Tasche, Mathilde war ein wenig aufgeregt. Richtig! Max holte auch das Gepäck herein. Was bringen Sie heute Schönes mit? Seine Augen funkelten. Wird noch nicht verraten.. Mathilde kicherte und hielt sich die Hand vor den Mund. Max ließ ihr den Vortritt, um ihr auf das Hinterteil im engen Volantrock starren zu können. 

Dann saßen beide auf der Couch und hielten sich an den Händen. Die Luft knisterte und aus dem Fernseher stöhnte es. Die ersten Bilder waren noch zum Eingewöhnen, aber als die gurrenden Laute der schwer arbeitenden Darsteller anschwollen, drehte Max den Ton lauter. Denn beide hörten ein wenig schwer und wollten sich nichts entgehen lassen. Später durfte Max ganz eng an Mathildes pralle Hüftpartie heranrücken und seine Hand ein wenig tiefer von der Schulter rutschen lassen, während ihre zärtlichen Finger an seiner Brust kraulten. 

In Mathildes Reisetasche gab es Vorrat für lange Stunden, den sie meist nicht aufbrauchten, weil sie sich bei ihren Lieblingsszenen aufhielten. Erst als Max spät am Abend ernsthafte Ermüdungserscheinungen zeigte und Mathilde neben einem schnarchenden Kahlkopf die letzten Zuckungen der Paare auf dem Bildschirm allein genießen musste, war der Abend zu Ende. Max rief Mathilde ein Taxi, bedankte sich artig für ihren Besuch und begleitete sie zur Tür, nicht ohne einen neuen Termin in vier Wochen festzulegen.

In der Videothek am Steinplatz nahe dem Rotlichtviertel kannte man Mathilde gut. Keiner ging so sorgsam mit den Ausleihen um, war so pünktlich in der Rückgabe. Allerdings sah man sich bald genötigt, den Bestand aufzustocken, denn Mathilde war sehr anspruchsvoll. 

Eines Nachmittags im Herbst..


wartete Max zur verabredeten Zeit vergeblich, seinen Blick immer auf den vorrückenden Zeiger der Wanduhr gerichtet. Als Dämmerung in das einsame Wohnzimmer fiel, gab Max auf, warf das Sakko ab, krempelte die Ärmel hoch und stellte den Fernseher an. Nachrichten, Vorabendserie, Tagesschau. Zunehmend gereizter durchsuchte er den Inhalt seines Kühlschranks und hielt sich lange bei den Bierdosen auf. 

Als er spät am Abend im Fernsehsessel hoch schreckte, galt sein erster Gedanke Mathilde. Nie war sie unzuverlässig gewesen, immer hielt sie die verabredete Zeit ein. Hatte sie ihn verlassen? Nun Unsinn, davon konnte ja eigentlich keine Rede sein, ihr Verhältnis war innig, aber gleichzeitig auch distanziert. Max fiel auf, dass er nichts von Mathildes Leben wußte, nur ihren Nachnamen: Billerbeck. Mathilde Billerbeck. Und dass sie im Schanzenviertel wohnte. Dass sie früher einmal Verkäuferin war. Mehr nicht. War auch bisher nicht von Belang gewesen. 

Max stemmte sich hoch und tappte zum Telefon. Unter dem Apparat klemmte das Nummernverzeichnis, er zog es mit einem Ruck hervor, der Hörer fiel von der Gabel, das Freizeichen surrte, dann suchte er nach Billerbeck. Es gab nicht viele, Gott sei Dank. Einen Alfons Billerbeck, Unsinn, eine Martha, einmal Prof. Dr. Volker und Sylvia, und einen Eintrag schlichtweg Billerbeck, Schanzenstraße 14, den Max sorgfältig auf einen Papierzipfel aus der Tageszeitung schrieb, um danach sofort zu Bett zu gehen. Nicht einmal das Gebiss nahm er raus. Er war einfach zu aufgewühlt für solche Äußerlichkeiten.

Nach einem schweren, von wüsten Träumen durchpflügten Schlaf machte er sich am Morgen sorgfältig zurecht. Nahm sich sogar eine gepunktete Fliege, einen Schal, die feinen Handschuhe aus Kalbsleder. Draußen frischte es auf. Windböen trieben Menschen über den Gehsteig. Max zog sich den Hut in die Stirn und eilte zur Straßenbahn. 

In der Schanzenstraße erwarteten ihn unauffällige, grau gebeugte Häuserfronten, ein Viertel der kleinen Handwerker und Krämer, ein wenig vernachlässigt und offenbar vergessen von der Stadtreinigung. Max stand geraume Zeit auf der Straßenseite gegenüber der Nummer 14. Er zögerte, rieb seinen Rücken am grobkörnigen Putz der Hauswand. Akkorde dröhnten in seinem Kopf. Dann rückte er die Fliege zurecht, strich am rauhen Wollstoff des Mantels entlang und überquerte die Straße. 

Da er die Haustür offen fand, stieß er sie heftig bis zum Anschlag auf und überquerte den Innenhof. Billerbeck – das war im dritten Stock. Kein Fahrstuhl. Die Treppe im Hinterhaus hing durch und vom Geländer platzte ochsenblutroter Lack. Das Haus stand still, ein paar Töpfe klapperten im Erdgeschoss, eine schrille Stimme rief nach Felix. Der säuerliche Geruch von Eintopf hing in der Luft.


Gleich würde Mathilde vor ihm stehen ..


Vor der Wohnungstür mit dem schmalen Schild Billerbeck hielt Max inne und horchte, innen kein Laut. Max läutete. Sofort schlurften Schritte, kamen langsam näher. Als sich die Tür öffnete, war Max, vor seinem eigenen Mut erschrocken, nahe dran, sich schnell davon zu machen. In der Fluchtbewegung sah er zurück auf einen kleinen, mageren Mann mit dünnem, nach hinten gekämmten Haar und mehrfach gefaltetem Gesicht. Er trug Schwarz, alles an ihm war schwarz und grau. Er wisperte: „Bitte?“ Max machte zwei Schritte auf ihn zu und fragte: „Ach, verzeihen Sie, ich bin sicher falsch. Ich dachte, hier wohnte Mathilde Billerbeck.“

Der Schmächtige schluckte, schwieg lange, vor sich hinblickend, seine Hand um die Klinke gekrampft. So lange, bis es Max direkt unheimlich wurde und er verlegen nachhaken wollte, als der kleine Mann den Mund öffnete und mehr hauchte als antwortete: „Mathilde.. meine Frau.. meine Frau ist gestern verstorben. Ganz plötzlich.“ Er sah wieder zu Boden. Dann setzte er nach, mehr für sich: „Ja, sehr plötzlich.“ 

Max spürte erst einmal gar nichts. Er sah dem Kleinen ins gefurchte Gesicht und dachte: „Das ist ein Traum. Nur schnell weg hier.“Aber seine Füße waren wie in den Boden gestampft und gehorchten seinem Kopf nicht mehr. Dann fühlte er, wie ihm die Kehle zufror. Er knöpfte seinen Mantel zu, griff mechanisch nach den Handschuhen, die er ordentlich in den Taschen verstaut hatte, und wandte sich wortlos ab. Der Kleine rief ihm mit sich plötzlich überschlagender Stimme nach: „Kannten Sie Mathilde? – Die Beerdigung ist übermorgen .. in St. Martin..“ 

Lieb gewordene Gewohnheiten ändert man nicht ..


Max ging durch die Stadt wie ein Automat, er überquerte Plätze und durchspannte die Einkaufszone, aber er nahm nichts wahr. Man hätte ihn pieksen, seinen Daumen mit einer Flamme reizen können, er hätte nichts empfunden. Wie zufällig kam er an den Steinplatz in der Nähe des Rotlichtmilieus. Als er die Tür zur Videothek öffnete, straffte sich seine Gestalt. Zu Hause auf dem Sofa war alles wie gehabt. Die Kirschpralinen, der Sekt, das Dämmerlicht. Bevor Max die erste Kassette einlegte, ging er ins Schlafzimmer und kramte in allen Schubladen, bis er das Gesuchte gefunden hatte. Vor dem Wandspiegel steckte er sich mit zittrigen Fingern den Trauerflor ins Knopfloch seiner Weste. Endlich kam ein tiefes Blubbern aus seinem gepolsterten Inneren. Die Bilder flimmerten wie immer, aber Max weinte.

Von da an verwandte Max nicht mehr viel Aufmerksamkeit auf sein Äußeres. Man sah ihm das nach, denn Max war eben alt und in mancher Hinsicht ein wenig nachlässig.

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Copyright: Sigrid Jo Gruner


Liebe im Alter? Viele junge Menschen können sich dies gar nicht vorstellen. Warum eigentlich nicht? Das fragen wir uns bei nächsten Beitrag ... (Bleiben Sie dran) und wenn diese Story Ihnen gefiel, dann teilen Sie diese doch gerne mit anderen.



Sigrid Jo Gruner führt mit „MissWord!“ (www.missword.de) ein Redaktionsbüro für strategische Kommunikation mit den Schwerpunkten Redaktion, PR & Magazin, Pressearbeit, WebContent, eBook, Corporate Book. Schwerpunktthemen: Alles was gut schmeckt, schön aussieht, sinnvoll ist und glücklich macht. Food, Travel, LifeBalance, Modern Times.




Samstag, 20. Mai 2017

Aufgespießt: Wie Grandhotels kommunizieren

Die Erfindung des Grandhotels


Wie schaffen es Hotellegenden wie Waldorf Astoria, Ritz Carlton oder Raffles, dass wir bereits glänzende Augen bekommen, wenn nur ihr Name fällt?



Hotellegenden sind unsterblich

Sie wurden ein Mythos, weil sie viel von sich reden machten. Stück für Stück baut sich Image organisch auf. Vorausgesetzt: Traum und Wirklichkeit stimmen in Anspruch und Aussage überein. Hotels agieren hier nicht anders als Wirtschaftsunternehmen. Traditionshäuser wussten das, sonst wären sie keine geworden. Auch kleine und neue Häuser schaffen das. Indem sie adoptieren, was die Großen tun. Von sich hören lassen, sich sichtbar machen. Professionelle Hotel-PR eben.

Das gilt im Grunde für alle. Große Namen wie Cipriani, De Crillon, Reids, Vierjahreszeiten, Adlon, Elephant Weimar, Oriental Bangkok, Chelsea Hotel haben es einen Tick leichter. Aber ein höheres Budget ist nicht wirklich kriegsentscheidend. Worum geht’s tatsächlich?

Geliebt, verehrt, aus der Ferne angehimmelt – Grandhotels spiegeln unerlöste Sehnsüchte. Sie leben von dem was sich in der Psyche der Gäste abspielt, wenn sie die Drehtür durchschreiten. Sie verkaufen Parallelexistenzen, bauen Filmkulissen für Applausdurstige und rollen Bühnen aus für Lebenshungrige, die ihren Appetit nur in der Ferne stillen können. Das mag den Reiz des Reisens ausmachen: Beim träumerischen „Ganz-außer-sich-sein“ ganz zu sich selbst finden. Übrigens: Das kann auch ein kleines oder mittelgroßes Haus leisten.

Hotel-Legenden machen vor Wonne frösteln


Als Kind wollte ich Literatin werden. Wie Marcel Proust, Tucholsky, Ödon von Horvath, Hemingway,  Klaus Mann, Sylvia Plath ganz oder zeitweise mein Leben ballastfrei in der intimen Höhle eines Hotelzimmers führen. "Einsam ohne allein zu sein", wie Zoe Jenny es einmal benannte. Während der drei Monate Residenz im Basler „Les Trois Rois“ beendete sie ihren Roman „Ein schnelles Leben“, eine kurzzeitig schwebende Existenz ohne bürgerlichen Boden. „Writers in Residence“ hat in der Schweiz eine neue Bestimmung erfahren. Im Hotel ändert sich das Zeitgefühl – ahnte bereits der Held im „Zauberberg“, Hans Castorp, die Geistgeburt Thomas Manns. Er kam auf drei Wochen und blieb sieben Jahre. Hätte ihn der Erste Weltkrieg nicht an die Front gerufen, wäre er heute noch da.

In einen Hotelpalast wie George V oder Palace Merano, New York Plaza, Claridge, Kulm Hotel St. Moritz oder Marmounia Marrakesch tritt man ein, und blitzschnell scheint die Attitüde des Ortes auch die eigene zu werden. Zumindest im Wunschdenken. Man adoptiert, was sich in Vorhangfalten und Betthimmeln über Jahrzehnte & Jahrhunderte wie unsichtbare Patina einnistete. Hotelgäste schlüpfen nicht selten in eine zweite Haut. Hochstapler und Hotelpage Felix Krull beschreibt es mit ironisch-selbstverzücktem Blick, Vicky Baum zeichnete so das Sittengemälde der Zwanziger Jahre.

Wie finden Gast & Hotel zueinander?


Preis-Schnäppchen sind nicht das Ei,  aus dem Faszination schlüpft. Ausgenommen ein exorbitant hoher Preis, der ein schwindeliges Lustgefühl erzeugt - vergleichbar dem Endzeit-Schauder dessen, der jäh vor einem Abgrund steht. J Was uns bewegt, auf „Buchen“ zu klicken, ist das innere Blitzlichtgewitter. Unser Unbewusstes macht diesen Job gerne.  

Was passiert mit uns „Menschen im Hotel“, wenn wir die Brokatdecke vom megabreiten Bett ziehen und ein exquisiter aus dem Satinkissen aufsteigender Rosenduft unsere Nasen kitzelt? Wenn der eigene Butler mit behandschuhten Fingern uns den seidenen Morgenmantel reicht und Goldperlen im türkisfarbigen Badewasser flimmern? Wenn wir uns die Filmdiva vergegenwärtigen, die von eben diesem Hotel im Cabrio aufbrach um sich flugs den Hals zu brechen? Wenn wir unter monströsen Kronleuchtern ein 7-gängiges Champagner-Menü verzehren, wie 120 Jahre vor uns ein europäischer Monarch kurz vor dem Exil? Warten wir im Restaurant der „Schatzalp“ nicht wie weiland Hans Castorp auf das Klirren der zugeschlagenen Glastür mit dem Madame Chauchat ihr Kommen ankündigt? Der Genius Loci wirkt bei allen – todsicher! 

Hotels können Leuchttürme sein - gute Hotel-PR verhilft dazu! 

Und dies nicht nur in Nobelherbergen. Jedes Hotel birgt Geschichten in seinem kultivierten Innern. Ein sorgfältig gebautes Image, das die Realität nicht scheuen muss, ist der Anfang. Es aufzubauen fällt allerdings angesichts der Hotelketten-Manie nicht leicht. Aber es gibt sie und zunehmend mehr, die Privat- und Individualhotels, Design- und Boutiquehotels, die ihren Ursprung aus dem Nukleus Familienhotel kaum noch zu erkennen geben.

Hotel-PR heute: Die Erotik von Story und Content nutzen


Warum nutzen Hotels dieses feine Gespinst aus neuronaler Verführbarkeit und Fernweh so betrüblich wenig für ihre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit? Warum erschöpfen sich PR-Themen so oft bei der saisonalen Spargelkarte, der Eröffnung der Skisaison oder der x-ten Kür des „Angestellten des Monats“? Bei Personalien, Zertifikaten und Auslastungszahlen. Ist es das, was Gäste zum Buchen verführt? Ehrenvolle Marginalien sind es, aber auch nicht mehr.

Dabei ist Hotellerie in einen schillernden Kokon aus Geschichte und Histörchen, lokalen Randnotizen, kulturellen und allzu-menschlichen Bezügen eingewoben, der genutzt werden will. Scheherazade betört ihren Sultan Nacht für Nacht mit einer neuen Serienfolge. Der listig eingesetzte Kliffhänger macht diesen süchtig auf das Ende. TV-tauglich! Bis der enthusiasmierte Despot auf dem Gipfel der Spannung aufgibt und seine Bezwingerin ehelicht. Eine vorzügliche Strategie, wie erfunden für die Öffentlichkeitsarbeit der Hotellerie. Gäste wollen becirct werden. Nichts weiter. Emotionaler Content ist die Pfauenfeder der Scheherazade.

Kommunikation für Hotels ist schwierig und einfach zugleich




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Bildnachweis:
StockSnap_IOVNPY7AFC Jonathan Petersson
StockSnap_4TIYVM2VPW Kaique Rocha

Tags: Hotel-PR, Kommunikation Grandhotel, Story, Content

Sigrid Jo Gruner führt mit „MissWord!“ (www.missword.de) ein Redaktionsbüro für strategische Kommunikation mit den Schwerpunkten Redaktion, PR & Magazin, Pressearbeit, WebContent, eBook, Corporate Book. Schwerpunktthemen: Alles was gut schmeckt, schön aussieht, sinnvoll ist und glücklich macht. Food, Travel, LifeBalance, Modern Times.


Mittwoch, 17. Mai 2017

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Mittwochssuppe aus Radieschen, Radi, Rübe ..

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Mittwochssuppe aus Radieschen, Radi, Rübe ..: Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe! Ab April schieben sie ihre rundlich-knackigen Formen knallig pink in unser Sichtfeld. Wir l...

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Mittwochssuppe aus Radieschen, Radi, Rübe ..

Ist es die Form, die Farbe, die Verführung auf der Zunge? Mittwochssuppe aus Radieschen und Rübe. Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe! Ab April schieben sie ihre rundlich-knackigen Formen knallig pink in unser Sichtfeld. Wir l...

Mittwochssuppe aus Radieschen, Radi, Rübe ..

Heute ist Mittwoch, heute gibt's Suppe!



Ab April schieben sie ihre rundlich-knackigen Formen knallig pink in unser Sichtfeld. Wir lieben sie zu einem schäumenden Weißbier, fein geschnitten und gekräutert als Salat, als Mundproviant beim Wandern - die Radieschen sind einfach zu niedlich, um am Obststand einsam liegen gelassen zu werden. Sie lassen sich auch im Hausbeet oder Balkonkasten ziehen und frisch geerntet schmecken sie auch ohne Salz vorzüglich, scharf-süßlich im Abgang. Als Nachbarn im Hausgarten lieben sie grüne Bohnen, Kohl, Kopfsalat, Kresse, Möhren und Erbsen - weniger gut Freund sind sie mit Gurken und Melonen. Suppen, in denen Radieschen und ihre Verwandten Mairübchen und Rettich eine tragende Rolle spielen, sind bei uns weniger bekannt. Zu Unrecht - einen Versuch ist es allemal wert!

Frühlingssüppchen aus Radieschen & Rübe


Wir benötigen für 4 Portionen:

400-500 g frisch geerntete Radieschen und/oder Mairüben mit noch unversehrtem Grün, 1-2 Stangen zarte Lauchzwiebeln, 600 g mehlige junge Kartoffeln, 1 Bund frischen Oregano, 1L Gemüsebrühe,  frische Minzblätter, 100 g Schlagsahne, 1 Eigelb, Ghee (Butterschmalz), Salz, frischen Pfeffer, Spritzer Limone, Olivenöl.

Und so geht's:

1 Radieserl putzen, Mairübe schälen, Grün aufbewahren. Waschen und grob hacken. Ebenso das Grünzeug. Lauchzwiebeln in Ringe schneiden. Kartoffeln schälen, waschen, würfeln. 

2 Oregano in heißem Ghee andünsten. Kartoffeln kurz mitschmoren, 800 ml Gemüsebrühe aufgießen und alles weich kochen. 5 Minuten vor dem Garende das Gemüse zufügen, mit garen lassen. 

3 Suppe grob pürieren, Schlagsahne (wer's sämiger mag, mit einem verquirlten Eigelb) einrühren, salzen, pfeffern, Spritzer Limone, aufkochen. Mit Radieschenscheiben und Minzblättern bestreuen, mit fruchtigem Olivenöl beträufeln. 

Wunderbar dazu ist Oliven-Wurzelbrot mit krosser Kruste. 


Alles da: Kalium, Kalzium, Eisen und die Vitamine A, B1, B2 und C


Radieschen sind keine Europäer, in ihrem Heimatland China hielt man sie lange als Zierpflanzen, bevor man auf den pikanten Geschmack kam. Im 16. Jahrhundert wanderten sie auch bei uns ein und erfreuten durch das ihnen innewohnende Senföl nicht nur die Gaumen. Sie sind vollgepackte Depots aus Mineralien und Vitaminen, wirken antibakteriell und beruhigen bei Magen-Darm-Verstimmungen. In Tierversuchen wurde entdeckt, dass sie auch gegen Krebs vorbeugen können.

Ein weiterer Grund, zu Radieschen aus der Region zu greifen, ist der Frische-Aspekt und die Tatsache, dass regionales und saisonales Gemüse vor der Ernte voll ausreifen kann. Das erhöht die Geschmacksintensität und den Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen und dient der Ökobilanz. Gerade im Mai eignen sie sich vorzüglich kleingehackt im Verbund mit Pistazienöl, Zitrone, Minze und Schnittlauch als Dressing über frischem, lauwarmen Spargel oder als Brotbelag auf Frischkäse und veganem Omelett. 

Dann mal kräftig hineingebissen! 



Foto:
Stocksnap.io Jay Wennington


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Autorin, Journalistin & PR-Beraterin Sigrid Jo Gruner schreibt als MissWord! Webcontent, Magazin, Pressetext, Unternehmenspublikation, als Ghostwriterin Reden, Artikel, E-Books und Bücher. In Strategieworkshops entwickeln Unternehmen und selbstständige Freiberufler mit MissWord! stimmige Positionierungen und passgenaue Corporate Words. 

Sonntag, 7. Mai 2017

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Sonntagsthema: Kommunikation zwischen Bits & Bots

1a-Grenadas - auf www.missword.de: Sonntagsthema: Kommunikation zwischen Bits & Bots: Kommunikation ist wie Buchstabensuppe .. sie braucht Salz! Haben Sie als Kind etwa auch Buchstabieren in der Suppe gelernt? Dabei s...

Sonntagsthema: Kommunikation zwischen Bits & Bots


Kommunikation ist wie Buchstabensuppe .. sie braucht Salz!


Haben Sie als Kind etwa auch Buchstabieren in der Suppe gelernt? Dabei sind Sie vor Stolz geplatzt und teilten diese Erfahrung anderen mit? Und wie kommunizieren Sie heute? 

Es war vor bereits 19 (!) Jahren, Weihnachtsabend in einem zauberhaften Thalasso-Resort an der Algarve, als ich zu einem befreundeten Kollegen sagte: "Findest du es nicht auch bedauerlich, dass unter Kommunikation heute primär Kommunikationstechnologie verstanden wird?" Gerade hatte man sich mit Ach und Krach an Handy und E-Mail gewöhnt. - Wir waren uns darin einig, jedoch nicht annähernd bewusst, dass dies erst der Anfang einer sich rasant entwickelnden "unendlichen Geschichte" war. 
Kreative Kommunikation lässt Ideen sprudeln

Damals führte ich eine kleine Agentur für Public Relations - mit respektablen Kunden - im zur Bundeshauptstadt aufstrebenden Berlin der Nachwendezeit. Unter meiner Firmierung "Gruner Kommunikation PR & PA" (PA = Public Affairs = Kommunikation für Institutionen, Administrationen, gesellschaftspolitische Themen) fand ich mich bei meinem Umzug ins spätere Regierungsviertel unversehens und ungewollt in den Gelben Seiten (ja, damals waren Branchenbücher noch hip!) - unter der Branchenrubrik "Telekommunikation" wieder.  - Ach so?? Na, det wüsst ick aber!

Auch in einer digitalisierten Kommunikation bleiben Sender und Empfänger (in der Regel) Menschen!


Und Menschen werden - anders als Roboter - primär von Gefühlen und Emotionen bestimmt. Ich beobachte mit Staunen, wie viele schreibende und beratende Kollegen sich in Fachartikeln ergehen und auch profilieren, die von SEO bis Siri und mehr die Klaviatur des Online Marketing, der Online Kommunikation und der Social Media u.a. bedienen. Das kann ich voll würdigen, wenngleich ich es dann und wann etwas blutleer finde. Ich gestehe scham-frei, dass ich die nützlichen digitalen Errungenschaften durchaus schätze, in meiner Kundenkommunikation aber immer noch (und zunehmend mehr) auf gute, erhellende, belebende, begeisternde Dialoge setze und ein Telefonat als Zeichen von Wertschätzung und Kooperationsbereitschaft erlebe. So entstehen authentische Webtexte, E-Books oder Pressemitteilungen, die wirklich ins Schwarze treffen. 

Und - jetzt gut aufgemerkt! - es macht mir selbst einfach mehr Freude!


Dass Auftraggeber bei einem Kommunikationsprojekt (und Texte sind solche) "mitarbeiten" sollten (sprich: sich in ein tiefer- und weitergehendes Analyse- und Konzeptionsgespräch einlassen), ist leider nicht flächendeckend verbreitet. Je besser in dieser Phase (gemeinsam) gearbeitet wird, desto wertvoller sind die Resultate. Für mich auch ein Zeichen, dass analoge Kommunikation in ihrer Wertigkeit gesunken ist und viele digitale User der realen Gesprächskultur entwöhnt sind. Der gegenseitige Input und Impuls, wenn ein Projekt sich formt, die kreative Akrobatik, sich Bälle zuwerfen und mit Argumenten jonglieren, gemeinsam Inhalte kneten und Strategien zuspitzen - Ist das alles nicht das Salz in der Buchstaben - ääh.. Kommunikationssuppe? 


Das tut richtig gut!


Und doch gibt es sie noch, die Verfechter einer kommunikativen Kultur des Miteinanders. Erst kürzlich durfte ich ein wunderbar kreatives, entspannt-intensives und substanzielles Meeting erleben - viereinhalb Stunden, in denen wir gelacht, geklönt, gearbeitet, gebrütet, gescribbelt haben, in denen Ideen, Inhalte, Informationen nur so purzelten. Zu welchem Zweck? (Wird noch nicht verraten - coming soon) Dankeschön an Sparringspartner Thomas Wehrs! (Gesprächsexperte & Business Coach in Berlin).* 

* Tipps für kommunikative Highlights finden sich übrigens auf seinem Blog.


Tags: Kommunikation, digitalisierte Kommunikation, Public Relations, Gesprächskultur



Bildnachweis: 
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Autorin, Journalistin & PR-Beraterin Sigrid Jo Gruner schreibt als
 
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