Haben Sie den Grusel der Halloween-Nacht gut überstanden? Dann kann Sie die folgende Mikrostory sicherlich auch nicht schrecken! Im Herbst werden die Gärten winterfest gemacht, so manch verantwortungsbewusster Gartenbesitzer schiebt noch einmal schweres Gerät über das Gelände. Das ist nicht ohne Tücke. Die folgende Story hab ich nach einer wahren Begebenheit aus Nachbars Garten verfasst, oder war es doch ein Traum von heute Nacht? Anyway - Wünsche gute Unterhaltung!*
Der Mann hinter dem
Rasenmäher
Mikrostory
Der
Tag war wie jeder andere der vorangegangenen, der Mann hinter dem Rasenmäher
nahm keine Veränderung wahr. Hatte er gestern die Beete umgegraben, würde er
heute den Rasen mähen und morgen Laub sammeln. Oder wäre umgekehrt besser? Aber einmal getroffene Entscheidungen revidierte er in der Regel nicht. Gleichmütig schob er daher sein Gerät, das ihm vertrauter war
als Gattin Ute, mit der er immerhin schon 15 Jahre verbracht hatte, über den
Flaum des letzten Wuchses.
Gerade als er mit einer saugenden Lippenbewegung seine
Pfeife aus einem Mundwinkel in den anderen schob, stieß sein Blick auf eine
sattbraune Halbkugel, die sich im bunten Laubgras wie eine alpine
Erdaufwerfung ausnahm und sich von allen anderen, die der Kleingärtner schon
platt gemacht hatte, dadurch unterschied, dass ihn auf ihrer Spitze ein
pelziger Winzling angrinste, von dem er angenommen hatte, er habe ihn schon im Sommer massakriert, totgeschlagen mit dem stumpfen Schaufelschaft,
in die Luft gejagt mittels schmaler, schwefelgelber Sprengstoffstreifen, ausgeräuchert
mit Phosphor, breitgewalzt und tief hinab gestampft durch die Erdkrume. Er
erkannte ihn sofort an seinem geriffelten Schwanz, der sich zweimal um den
aufgeworfenen Erdhügel schlängeln konnte, am kecken Blick, an der graziösen
Haltung seiner Schaufelpfötchen, in denen eine halbe Kartoffel locker Platz
gefunden hätte.
Der Mann hinter dem Rasenmäher musste sich eingestehen,
dass seine Mordversuche ganz offensichtlich fehlgeschlagen waren am
Überlebenswillen und Witz dieser unverwüstlichen Kreatur. Er stoppte seine
Maschine jäh. Das Blut schoss ihm in die Hirnkammern, wo die Wut schon alles
lahmgelegt hatte, so dass er sich den Filz vom Kopf riss und auf ihm herum
trampelte. Der Maulwurf beobachtete ihn gelassen, der Nutzlosigkeit dieses
Treibens amüsiert bewusst.
Der Neigungswinkel war enorm. Der Mann hinter dem Rasenmäher
beugte aus der Höhe seiner Ein-Meter-Neunzig herab, um dem Gegner Gelegenheit
zu geben, ihm ins wutblitzende Auge zu schauen. Der aber lehnte lässig auf
seiner Erdtorte und zwirbelte sich die Barthaare. Ganz beiläufig nahm er eine
kleine Schaufel Krume auf und peilte, noch während er sie geschickt und
behände mit Speichel zu einer harten Kugel zusammenrollte, sein Gegenüber
scharf an. Dann schoss er ihm auf den Augapfel.
Klar, dass der Mann hinter dem Rasenmäher wie im Elektroschock
zu toben begann, roh und ungehobelt, beinahe ausschweifend, und nach einer
Schmerzsekunde zum Gegenangriff überging. Sein Gerät umklammernd stapfte er
rückwärts, zurrte mit einem harten Ruck das Startkabel stramm und ließ die
Maschine aufbrüllen wie einen Stier vor der roten Capa. Dann nahm er energischen
Anlauf, stürmte, den Kopf kraftverstärkend in die bulligen Schultern geduckt,
in Richtung Erdhügel und fuhr ihn platt.
So in Fahrt hemmte ihn dann später nur die Mauer des Gartenhäuschens.
Pech war, dass diese wirklich hart war und er mit seinem vom Filz entblößten Kopf sehr schwer auftraf. Der Arzt sollte ihm Wochen später, als er aus
dem Koma erwachte, sagen, dass er sein Leben wohl nur einem kleinen Wunder
verdankte, einem Schutzengel oder so was in der Art.
Der Erdhügel indessen war zwar platt, aber nicht ohne
Leben. Der Maulwurf war abgetaucht, just im Moment, als der Rasenmäher über ihn
herfallen sollte und wartete in der molligen Stille seiner unterirdischen Kammer, bis das
Brüllen oben abriss. Dann stemmte er sich ins Freie, peilte die Lage,
schüttelte sich Erdbrocken aus den die Ohren und rief den Notarzt.
Er war kein Unmensch, der kleine Maulwurf, auch wenn manche
Leute von ihm meinten, er sei ein boshafter kleiner Wühler, wühlte er doch nur
im Dreck, wenn es um die wichtigen Dinge des Lebens ging. Der kleine Maulwurf
war der festen Überzeugung, dass man das auch von ihm erwartete. - Nur der Mann
mit dem Rasenmäher wollte das einfach nicht einsehen.
Copyright: Sigrid Jo Gruner
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Bild: #19110001 | © petrabarz - Fotolia.com
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