Samstag, 21. Dezember 2013

Aufgespießt: Pauls Fest I


Season's Greetings

Eine kleine Geschichte mit Schluchz-Faktor ist im Advent immer angebracht. Diese ist schlicht und schmerzlos, wie im wirklichen Leben .. 


Pauls Fest  (Teil 1)



„Hoppla, kleines Fräulein“, Paul packte die schniefende Göre, die gerade dabei war, auf dem eisigen Kopfsteinpflaster auf die Nase zu fallen, noch rechtzeitig am Arm. „Pass auf, glatt heute“, brummte er. Schon eilte die Mutter herbei, um das Kind mit einem Klaps auf das Hinterteil und Paul mit einem empörten Blick zu strafen. Paul verdrückte sich. Sein Aussehen ließ Mütter mit Kindern gewöhnlich Umwege um ihn machen. Seit er seinen Pförtnerjob im Stadttheater verloren hatte, machte er mit sich nicht mehr viele Umstände. Nicht dass es ihm egal war, aber die Dinge entglitten ihm einfach mal. Paul richtete seine Brille, an der ein Bügel mit Leukoplast festgeklebt war und verdrückte sich. Er schniefte und klemmte die breiten Hände zurück in seine ausgebeulten Manteltaschen. An manchen Tagen umwehte ihn auch eine leichte Schnapsfahne. 

Paul und der Tannenzweig - auf dem Weg vom Stadtwald nachhause


Heute allerdings war Paul stocknüchtern. Gerade hatte er im Postamt ein Päckchen aufgegeben. Er hatte keine Familie und keine wirklichen Freunde, aber dennoch unternahm er Expeditionen ins weihnachtliche Gedränge des Kaufhauses, von denen er mit einer vollen Einkaufstüte zurückkehrte. Weil er jedes Jahr mehr darunter litt, an Weihnachten leer auszugehen, wollte er heuer auf Nummer Sicher gehen und schickte Weihnachtspäckchen an sich selbst. Die Wunschliste zu schreiben war ihm noch schwer gefallen, doch im Laufe der Adventswochen war er kühn geworden. Heute hatte er einen Schuhlöffel aus gutem Teakholz, eine rote Krawatte mit silbernen Querstreifen (vom Krabbeltisch, todschick, wie Paul fand), ein Fläschchen Haarwasser gegen Schuppen und die etwas in die Jahre gekommene Broschüre „Was kostet uns der Weltuntergang?“ bunt und glänzend verpackt auf den Weg gebracht. 

In seinem kleinen Wohnzimmer bullerte der Ofen. Paul war nicht verwöhnt. Eine bessere Wohnung kam nicht in Frage. Zufrieden mit sich selbst saß er auf dem speckigen Sofa und streckte seine Beine aus. Er freute sich richtig auf Weihnachten. Sogar einen dicken Tannenzweig hatte er aus dem Stadtwald geholt. Bei Nacht und Nebel. Er stellte sich vor, wie er die Päckchen am Heiligabend öffnen und das Geschenkpapier aufreißen würde. Drei waren schon eingetroffen. Um sich davor abzuhalten, sie bereits vor dem Fest anzurühren, hatte er sie im Schlafzimmerschrank versteckt, ganz oben hinter den alten Hüten, die Paul ohnehin nicht trug. Nur noch drei Tage. Paul sank nach hinten und döste ein. 

Am Nachmittag des Heiligabends, als Paul mit niemandem mehr rechnete, läutete es. Die Paketbotin – wie Paul in den späteren Fünfzigern - kam die Treppe hoch, ein Päckchen in der Hand, das letzte, wie Paul mutmaßte. Schneematsch klebte an ihren Stiefeln.  „Bin spät dran, noch ein paar Sendungen, dann kann ich auch Feierabend machen“, teilte sie ihm unaufgefordert mit. Paul war überrascht, er kannte sie nur ruppig und kurzangebunden. Das war für ihre Verhältnisse geradezu geschwätzig. „Kein Spaß, immer die fünf Treppen zu Ihnen herauf“, knurrte sie. Aha, wusste er‘s doch. Bloß jetzt nicht das Falsche sagen! „Ja, ja, hab auch so meine Probleme mit den Knien", entgegnete er vorsichtig. Die Postbotin hielt ihm das Formular zur Unterschrift unter die Nase. Mit der anderen Hand schnäuzte sie sich ausgiebig. „Erkältet?“ Paul wollte höflich sein. - Und sie: „Na ja, iss ja kein Wunder, bei dem Sauwetter.“ Sie war schon auf dem Treppenabsatz, als Paul hüstelte und nachschob: „Wie wär‘s mit ,nem schönen heißen Grog?“ Keine Ahnung, warum, ihm war einfach danach. Sie drehte sich um, musterte ihn und sagte:

Ja, was sagt die Paketbotin? Nimmt sie Pauls Einladung an? Und wenn ja, wo führt das hin? - Damit Sie heute nicht überfordert werden, kommt Teil II morgen! Bleiben Sie dran.

Bildnachweis:
Pixabay, Kaffee








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